Freitag, 26. November 2010

Land der Titel

Liebe Pfalzgrafen,

im Ausland macht man sich gerne über des Österreichers Liebe zu Titeln lustig (Spiegel).
Und das zu Recht. So wird die Friseuse, die sich einen Zahnarzt angelacht hat, in der Bäckerei als "Frau Doktor" angesprochen. Dass der Herr Doktor akademisch gesehen ein Magister ist, soll hier nur am Rande erwähnt werden. Ebenso, dass die AHS-Lehrer, die auch nur Magister sind, mit "Professor" angesprochen werden wollen. Ist aber egal, denn in Österreich dürfen auch Politiker den Professorentitel vergeben, was dazu führt, dass Prof. Karl Moik und Prof. Udo Jürgens ebenfalls in den Genuss kamen.
Österreich ist ein Land der Titel, in denen jeder Beamte - vom Strassenkehrer angefangen - im Laufe seiner Karriere eine Vielzahl von Titeln durchläuft, vom Besenführer bis zum Oberputzhofmeister. Dass die Bezeichnung Hofrat aus der Kaiserzeit stammt, scheint jene aufrechten Demokraten nicht sonderlich zu stören, die ebensolchen verliehen bekommen haben. Im Moment sind es offiziell 869 Titel, die die Republik für ihre lieben Untertanen vorsieht.
Leider muss der Österreicher hin und wieder mit der Zeit gehen und diese unselige Modernisierung macht auch nicht vor den Titeln halt. Dies führt zu der kuriosen Situation, dass viele Titel heutzutage auf Englisch sind, die Bezeichnungen aber nicht weniger absurd als vormals erscheinen. Die Volksschullehrerinnen sind jetzt "Bachelors of Education", vormals "Diplompädagoginnen", weil sie ein Universitätsstudium abgelegt haben. Sicher. AHS Lehrer im Unidienst bekommen bei Dienstantritt den Titel "Senior Lecturer", der im englischsprachigen Ausland nur Dozenten vorbehalten ist. Deshalb hege ich große Hoffnungen, dass ich es selbst noch zum Pfalzgrafen, Vizekönig, oder Flottenadmiral bringen werde. Denn das ist nicht weniger absurd als Kommerzialrat oder Kammerschauspieler.