Dienstag, 16. November 2010

Das Pyramidenspiel

Liebe Glücksspieler,

vor vielen Jahrzehnten hatten ein paar findige Österreicher eine Spitzenidee: sie wollten nicht mehr selbst für ihre Pensions- und Krankenkosten aufkommen, sondern lieber ihre Kinder dafür zahlen lassen.  Für jedes Kind, dem das System nicht sofort einleuchtete, hatte man ein paar super Erklärungen:
Wenn du einmal alt und krank bist, wirst auch du kostenlos rundumversorgt, wenn du die Rechnung einfach an deine Kinder weiterreichst.
Und wenn ich keine Kinder habe?
Auch egal, wir sprechen ja nur metaphorisch. Du musst einfach ein paar Deppen finden, die dich durchfinanzieren und diese müssen sich wieder welche suchen, die dann wiederum für sie sorgen.
Ist das nicht ein Pyramidensystem?
Pyramidensystem ist so ein schreckliches Wort: Wir nennen es lieber Generationenvertrag. Jede neue Generation sorgt für die Generation davor.
Das heißt, dass jeder neue Staatsbürger schon bei Geburt einen riesigen Schuldenberg auf sich lasten hat?
Du siehst das alles zu negativ. Betrachte es einmal von der christlichen Seite: Geben ist seliger denn Nehmen. Wer gibt, dem wird auch genommen werden. Steht alles in der Bibel.
Ja, aber was ist, wenn die Kinder einmal nicht mehr mitspielen wollen, wenn der ganze Betrug auffliegt?
Kein Problem, wir machen einfach ein Gesetz daraus. Dann kann sich niemand wehren und jede neue Generation zieht per Gesetz die Arschkarte.

In dieser und den nächsten Generationen gab es einige, die die wahren Möglichkeiten des Systems erst so richtig durchschauten. Denn sobald die Umverteilungsmaschine einmal lief, konnte man, wenn man geschickt war, super davon profitieren.
Ein paar einfache Überlegungen:
1) Wer länger arbeitet ist immer der Dumme.
2) Wer früher in Pension geht, muss weniger einzahlen und bekommt viel mehr heraus.
3) Wer einen möglichst hohen Prozentsatz seines Endgehaltes als Pension bekommt, profitiert überproportional von diesem System.
4) Wenn man sich das eigene Gehalt und die davon abhängige Pension selbst festsetzen darf, kann man nur gewinnen.                        
Also machten sich Politiker und höhere Beamte munter ans Werk und erfanden immer neue Zuckerl für sich und ihre Freunde: garantierte Rundumversorgung durch Verbeamtung, Pensionen ab 50 ohne Abschläge, 80% des Endgehalts als Pension, Spitzenkrankenversorgung für jeden kostenlos etc. 

Das System begann zu kippen, noch bevor es so richtig anfing zu laufen. Anstatt an den Stellschrauben etwas zu verändern, kippte man einfach oben noch mehr Geld rein. Also setzte man die Pensionsbeiträge hinauf. Als das auch nichts mehr brachte, fing man an, zusätzliche Steuermittel aus dem allgemeinen Budget zuzuschießen - an die 10 Milliarden Euro im Moment. Durch die Geburtenrückgänge verringert sich die arbeitende Bevölkerung aber drastisch. Die Jüngeren müssen für immer weniger Geld immer mehr arbeiten. Im Jahr 2025 wird es so viele Pensionisten wie Erwerbstätige geben. Also geht man jetzt dazu über verstärkt Frauen in die Arbeitswelt zu integrieren, damit die Umverteilungsmaschine nicht zu stottern beginnt.

Denn an den Grundeinstellungen der Maschine darf nichts verändert werden, denn die ist heilig. Das ist der heilige und ewiggültige Generationenvertrag, den unsere Urahnen vor langer Zeit unterzeichnet haben. Da die Schuldner nicht selbst unterschreiben konnten, weil sie noch nicht geboren waren, hat Gott selbst seine Signatur daruntergesetzt, in goldenen Schriftzeichen. Wer es nicht glaubt, kann sich das Dokument in der Nationalbibliothek hinter Panzerglas ansehen. Denn wie heißt es im Buch der Renten, Kapitel 2, Vers 6-7: "Bevor ich einen Reichen durch ein Nadelöhr gehen sehe, sollen lieber tausende unterjocht sein und Staub fressen. So spricht der Herr."         

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1 Comments:

At 26. November 2010 um 11:59, Blogger obi-wan said...

Um ein mögliches Missverständnis auszuräumen: die Umverteilung an sich ist immens wichtig, nur müssten die Geldströme anders fließen, oft in die genau umgekehrte Richtung. Dass eine alleinerziehende Mutter oder ein alter Mensch ordentlich versorgt gehören, steht außer Frage. Mein Problem ist, dass das System Generationenvertrag missbraucht wird, um sich auf unanständige Weise zu bereichern. Wir sichern damit nämlich nicht die Kleinrentner ab, die sowieso nichts haben, sondern die Privilegien derer, die ohnehin mehr als genug haben.
Die Sozialschmarotzer sind nicht die Arbeitslosen und Einwanderer, die sich einen Hunderter mehr erschummeln, sondern die Privilegienritter, die sich über Jahrzehnte tausende Euro Pension auszahlen lassen.

 

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