Mittwoch, 26. April 2006

Six Feet Under

Liebe Leidende!

Nachdem ich nun schon mehrmals darauf hingewiesen habe, dass SIX FEET UNDER zu meinen absoluten Lieblingsserien zählt, ist es vielleicht an der Zeit zu erklären, was denn nun eigentlich so faszinierend daran ist.
Zuerst einmal haben die Charaktere eine Geschichte, die weit über die Serie hinausgeht und die Figuren wesentlich prägt. Wenn man sich Menschen wie Landschaften vorstellt, dann wächst natürlich irgendwann einmal Gras über eine Sache und man kann auch schöne Wege anlegen, auf denen man andere herumführt, aber der Müll der früheren Jahre liegt trotzdem unter der Oberfläche vergraben und Gift sickert aus alten Fässern, die man früher noch abdichten wollte, jetzt aber einfach ignoriert. Während uns die make-over shows and das Michael-Jackson-Syndrom lächerlich erscheinen, leben wir dennoch in einer Gesellschaft, in der der ständige Neubeginn gepredigt wird. Jeder muss sich täglich neu erfinden.
Die Charaktere in SIX FEET UNDER wollen nichts mehr als das alte Leben vergessen und von Neuem zu beginnen - nicht aus reiner Selbstsucht, sondern auch um für andere die Person zu sein, die man gerne sein möchte. Aber genau das bleibt ihnen versagt. Trotz bester Absichten werden alle von der Vergangenheit eingeholt und scheitern an der Diskrepanz zwischen Wunschvorstellung und Realität. Der Mensch ist wie ein Rekorder, der sich Erfahrungen und Verhaltensweisen einprägt, die nicht von heute auf morgen verschwinden. Als organisches Speichermedium gibt es keinen Resetbutton und kein Neu-Aufsetzen.
Und trotzdem gibt es die Momente, in denen plötzlich alles stimmig wird und man weiß, warum man da ist. Aber diese muss man auch zulassen. Brenda sagt einmal: "The future is just a fucking concept that we use to avoid living today." Man muss hart daran arbeiten. In der letzten Folge der vierten Staffel gibt es diesen kurzen Dialog zwischen David und seinem toten Vater, der diese Idee nochmals auf den Punkt bringt:

Nate Sr.: You hang on to your pain like it means something. Like it's worth something. Well, let me tell you - it's not worth shit. Let it go! Infinite possibilities, and all he can do is whine.
David: Well, what am I supposed to do?
Nate Sr.: What do you think? You can do anything, you lucky bastard - you're alive! What's a little pain compared to that?
David: It can't be that simple.
Nate Sr.: What if it is?

Der Tote hat leicht reden. Leben in der SIX FEET UNDER Welt ist nicht gerade leichte Kost und der Zuseher muss schon einige Leidensfähigkeit aufbringen. Trotzdem ist es, zumindest für mich, realistischer als viele andere Dinge, die im Fernsehen laufen.

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