Mittwoch, 11. Jänner 2006

Heile Welt Haushalt

Liebe Hauspersonen!

(Da ich so überaus politically correct bin, möchte ich nicht von Hausfrauen und Hausmännern sprechen.)

Seit ich in eine größere Wohnung umgezogen bin, darf ich mich nun endgültig der Gruppe der Hauspersonen zugehörig fühlen. Dafür hat mich ein Putzmarathon qualifiziert, den ich in der letzten Woche mit Bravour gemeistert habe - möchte ich einmal einfach so behaupten.
Nun ist das Hauspersonendasein in unserer Gesellschaft leider sehr negativ besetzt. Viele meinen man würde dabei vertrotteln oder es wäre sowieso minderwertige Arbeit, die auch keinen echten Lohn verdiene. Deshalb möchte ich in diesem Eintrag dieser scheinbar bemittleidenswerten Existenz als Hausperson ein paar positive Seiten abgewinnen.
In unserer zunehmend komplexer werdenden Lebenswirklichkeit bieten sich kaum einfache Lösungen an. Wie sagte Umberto Eco so schön: "Ein komplexes Problem hat immer eine einfache Lösung, und die ist falsch." In der leicht überschaubaren Welt des Haushalts hingegen gibt es noch diese einfachen Lösungen: Ein Gegenstand befindet sich am falschen Platz. Ich nehme ihn, räume ihn weg und das Problem ist gelöst. Am Boden sammelt sich Staub. Ich sauge ihn weg. Problem gelöst. Auf diese Weise habe ich in den letzten Tagen dutzende Probleme bewältigt und mich sehr gut dabei gefühlt. Während meine beruflichen Aufgaben immer mehrere Tage in Anspruch nehmen um eine halbwegs akzeptable Lösung zu finden, kann ich hier oft in Sekunden zu einem perfekten Ergebnis kommen. Läuft der Haushalt nur nebenbei, dann fällt einem das gar nicht auf, aber wenn man sich voll darauf konzentriert, wird einem das Glückspotential des Haushaltens bewußt.
Zweitens hat es etwas Meditatives. Die Ostasiaten haben vor langer Zeit einfache Tätigkeiten und Bewegungsabläufe als Grundlage für meditatives Handeln erkannt. Man werkelt entspannt vor sich hin, ist immer schön beschäftigt und hat Zeit über alle möglichen Dinge nachzudenken. In Bewegung denkt es sich bekanntermaßen ja viel besser.
Ich vermute jetzt einfach mal, dass es genau deshalb so viele Putz-, Wasch- und Ordnungssüchtige gibt, weil sich im Haushalt die perfekte Ordnung und Sauberkeit annähernd herstellen lässt - wahrscheinlich besser als in jedem anderen Bereich. Sie mögen zwar stundenlang schuften, aber das Ende ist absehbar und die Befriedigung für mehrere Stunden gewährleistet. Es ist schon immer eine Theorie von mir gewesen, dass Personen, die das innere Chaos nicht ertragen können, neurotisch die äußere Ordnung herzustellen versuchen.

4 Comments:

At 12. Jänner 2006 um 11:49, Anonymous Anonym said...

"neurotisch" als begriff wurde aus der 10. revision des ICD (international classification of diseases, zu deutsch: länderübergriefende einordnung der krankheiten )der WHO (World Health Organisation zu deutsch: Welthandelsorganisation)
verbannt, weil er nicht mehr zeitgemäß und passend ist. er kommt ja aus freuds toller theorie, in der postuliert wird, dass Neurosen und neurotische Störungen aus einem für das Ich nicht bewältigbarem Konflikt zwischen Triebwünschen und Über-Ich- und Realitätsanforderungen entstehen. deshalb werden zur Tiebbefriedugng andere Ersatzbefriedigungen gesucht. Zum Beispiel zwanghafter Putzwahn. Wahnideen treten ja allgemein in der Schizophrenie auf. Freud hat den Ursprung der Schizophrenie in einem traumatischen Ereignis in der oralen Phase geortet wogegen er Zwangsverhalten und Ordnungswahn als Merkmale des analen Charakter identifiziert hat. Geht da was net zam? Oder liegt gar eine komorbide Störung vor?
Vielleicht hätten sie jemand fragen sollen der sich damit auskennt.

 
At 12. Jänner 2006 um 12:50, Anonymous Anonym said...

Lieber Obi-Wahn,

sollte dir deine eigene Wohnung mangels Unordnung keinerlei Putz-Befriedigung mehr verschaffen, biete ich selbstverfreilich mein eigenes Domizil zur Ausübung deines neuen Hobbys an. Gehalt auf Rückstellung!

 
At 13. Jänner 2006 um 11:57, Anonymous Anonym said...

@ Chris
Die Wahrscheinlichkeit, dass ich an latenter Putzsucht leide, liegt bei ungefähr 0,001 %. Deshalb weiß ich dein großzügiges Angebot sehr zu schätzen, werde aber vermutlich nicht darauf zurückkommen müssen.

@Christoph
Danke für die Erklärung. Darf ich jetzt "zwanghaft" statt "neurotisch" sagen?

 
At 15. Jänner 2006 um 22:40, Anonymous Anonym said...

Putzen is the new LOST-Schauen.

 

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