Mittwoch, 14. Jänner 2009

Die Wunder der Medizin

Liebe Patienten!

Nach jahrelanger, um nicht zu sagen jahrzehntelanger Abstinenz sah ich mich Ende 2008 schließlich doch um einen Hausarzt in Salzburg um und nahm auch gleich noch eine Gesundenuntersuchung in Angriff. Als dann die Laborberichte vorlagen und sich mein neuer Leibarzt auf die Zahlenkolonnen konzentrierte, drängte sich mir der Verdacht auf, dass zwischen dem Herauslesen eines Krankenbildes oder eines Schicksalsschlags aus Zahlen oder aber aus Kaffeesatz oder dem Flug der Vögel prinzipiell sehr wenig Unterschied besteht.

Wieso ist es glaubwürdiger, wenn ein moderner Arzt auf einen Computerausdruck starrt, um in mich hineinzusehen als wenn ein römischer Augur vor 2000 Jahren den Vogelflug dafür studierte? In beiden Fällen verstehe ich als Laie sowieso nicht, was da vor sich geht und muss auf die magischen Fähigkeiten der Experten hoffen.

Jetzt werden natürlich die Anhänger der Schulmedizin laut aufschreien: Laborergebnisse sind doch Fakten! Da kann es keinen Irrtum geben. Jedenfalls teilte mir der Hausarzt mit, dass ich völlig gesund sei. Daraufhin erzählte ich ihm, dass ich zu einer Art internen Überhitzung neige. Wenn also mein Stoffwechsel hochfährt, habe ich einen überproportionalen Wärmestau im Brustraum, den ich erst wieder durch äußere Abkühlung los werde. Das liege wahrscheinlich an der Überfunktion der Sowiesodrüse, die in der Grunduntersuchung nicht überprüft wird, sagte der Arzt, was einen neuen Bluttest erfordere. Eine Woche später bescheinigte mir das neue Laborergebnis einen absoluten Idealwert. "Es gibt gar kein besseres Ergebnis für diesen Wert als dieses", meinte der Arzt. Toll, aber was ist mit meiner unangenehmen inneren Überhitzung? Das könne man aufgrund der Untersuchungen nicht sagen. Das ist halt einfach so. Oder anders gesagt: meine Untersuchungsmethoden können das, was Sie haben, nicht abbilden. Das Blut hat zwar überall sein Hämoglobin im Spiel, kriegt aber nicht unbedingt alles mit, was im Körper so abgeht. Ein Röntgen hilft da auch wenig.
Also gut, dann ist das halt einfach so.

Kurze Zeit später habe ich Grippe, aber der Husten bleibt. Der Hausarzt verschreibt ein schleimlösendes Mittel, das in drei bis vier Tagen eine deutliche Besserung herbeiführt, was es dann aber nicht tut. Danach bekomme ich ein Antibiotikum, das jetzt helfen muss, weil dann weiß ich auch nicht mehr, was das sein soll. Sagt er nicht, lässt sich's aber anmerken. Das Mittel hilft bedingt, aber ein Resthusten bleibt.

Also schleppte ich mich diese Woche zum Lungenfacharzt. Nach zahlreichen Tests, wurde ich dann zum Doktor vorgelassen. Dieser begann seine Ausführungen (wortwörtlich!) folgendermaßen: "Sie müssen wissen, die Medizin ist keine Naturwissenschaft. Natürlich haben wir Behandlungsmethoden, aber jeder Mensch ist anders. Da spielen so viele Faktoren rein, dass man oft nur vermuten kann, was da wirklich dahinter steckt. In Ihrem Fall ist es so, dass sie eigentlich Asthma haben. Warum Sie aber 10 Jahre ohne Symptome gelebt haben, kann ich auch nicht sagen. Ihre Lungenkapillare sind nur mehr zu 50 % einsatzfähig. So viel steht fest. Wir probieren es jetzt einfach einmal mit einem Spray für 8 Wochen. Dann kommen Sie wieder und wir schauen, ob sich etwas verändert hat." So spricht der Experte.

Mir geht es jetzt überhaupt nicht darum die Schulmedizin schlecht zu reden und alle zum Schamanen oder Wunderheiler zu schicken, aber die Diagnose- und Behandlungsmethoden sind auch in der heutigen Zeit limitiert. Wenn man nicht genau einem der klassischen Krankheitsbilder oder Patientenprofile entspricht, wird es schon spannend. Dann testen die Ärzte einfach alles durch und hoffen, dass irgendetwas hilft.
Vielleicht gehe ich ja sogar in die Geschichte der Medizin ein - als Asthmapatient, der keines hat.

2 Comments:

At 15. Jänner 2009 um 13:27, Blogger Christian Genzel said...

Lauter Patienten!

 
At 16. Jänner 2009 um 11:24, Anonymous Anonym said...

Lustig sind in dieser Hinsicht auch psychosomatische Erkrankungen - an sowas denkt auch kein normaler Arzt.

 

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