Mittwoch, 11. Februar 2009

Geld

Liebe Sparefrohs!

Wie viele andere, die in der westlichen Welt aufgewachsen sind, habe auch ich die Werte des Kapitalismus (zwangsläufig) verinnerlicht und glaube fest an die Grundprinzipien dieser Ideologie. Trotzdem lüge ich mich sehr erfolgreich dahingehend an, dass ich eigentlich nicht wirklich Teil des Systems bin, da ich, erstens, Literatur und nicht BWL oder Jus studiert habe, dass ich, zweitens, Grün und nicht Schwarz/Blau/Orange wähle, und dass, drittens, Geld eigentlich gar nicht so wichtig für mich ist. Die übliche linke Augenauswischerei eben. Während man voller Selbstgerechtigkeit und Selbstgefälligkeit über Politik und Wirtschaft schimpfen kann, genießt man gleichzeitig die Vorzüge dieser Weltordnung.

Als Student, in dieser Grauzone zwischen Kindheit und Erwachsenendasein, funktioniert diese Selbsttäuschung noch recht gut. Man hat noch keinen fixen Job, man zahlt keine Steuern, man schlägt sich irgendwie durch, man kann sich sein bescheidenes Leben finanzieren, man lässt die Politik Politik sein, man schimpft ein wenig über alles und jeden, man demonstriert, man kennt sich aber nicht wirklich aus, was nicht so schlimm ist, man fühlt sich ein wenig als Außenseiter, was auch ganz gut tut, man ist nicht so wie die anderen, man hat ganz andere Interessen etc.

Sobald man aber gezwungen ist aus dieser amorphen Grauzone herauszutreten und Konturen zu zeigen, sich endgültig festzulegen und einen bestimmten Weg einzuschlagen, dann kommt man um bestimmte Dinge nicht mehr herum. Die Desillusionierung ist zuerst groß, aber man lernt mühevoll und langsam nach den neuen Regeln zu spielen. Plötzlich erkennt man, dass Politik nichts mit Idealen oder Grundsatzdebatten, sondern sehr viel mit der Umverteilung von Geld zu tun hat, oder dass die Belohnungen im Leben oft nichts mit Leistung, sondern sehr viel mit Beziehungen zu tun haben.

Wenn ich in den kleinen Kreis jener aufsteige, die überhaupt Steuern und Gebühren zahlen, dann ist es mir plötzlich nicht mehr egal, was mit diesem Geld geschieht. Das fängt bei der Politik an und hört beim ORF auf. Gleichzeitig bleibt mir so viel Geld über, dass ich mich ständig damit beschäftigen muss, wie ich mich finanziell absichere. Plötzlich ertappt man sich dabei, dass man schnell online bei der Bank vorbeischaut, ob sich etwas tut. Früher war der monatliche Kontoauszug völlig ausreichend, heute muss es schon einmal pro Woche sein. Es entwickelt sich eine eigenartige Dynamik, die einen verstehen lässt, warum andere total auf solche Zahlenspielereien abfahren.

Aber mir kann so etwas gar nicht passieren, denn Geld ist eigentlich nicht wirklich wichtig für mich. Es gibt so viel wichtigere Dinge im Leben: Gesundheit, Umwelt, soziale Gerechtigkeit, Weltfrieden ... Ich geh mal schnell kotzen.