Dienstag, 2. Juni 2009

Star Trek

Liebe Trekkies!

J.J. Abrams ist ein Zauberer - nicht etwa wie Gandalf oder Dumbledore, die tatsächlich magische Fähigkeiten besitzen, sondern eher wie der Zauberer von Oz oder David Copperfield, die von der Illusion ihres Könnens leben und denen man besser nicht in die Karten schauen sollte, weil sonst die große Illusion wie eine Seifenblase zerplatzt.
Abrams hat schon bei ALIAS, LOST und CLOVERFIELD unter Beweis gestellt, dass er ein high concept - low endurance Typ ist. Solange er die Spannung durchhält, sind seine Geschichten absolut brillant. Sobald aber Zweifel aufkommen, sterben sie schneller als Eintagsfliegen. Er kokketiert ständig mit Konzepten, die er selbst nicht durchdacht hat und die er folglich mit heißer Luft aufblasen muss, damit sie nicht kollabieren. Wie ein Zauberer bei der Kindergeburtstagsfeier lenkt er vom soeben misslungenen Trick gleich mit der nächsten Illusion ab.

STAR TREK scheint nun aber der ganz große Wurf zu sein. Nicht nur, dass der Film beim Publikum super ankommt, auch die Kritiker loben ihn: auf metacritic.com gibt es 83%, die drittbeste Platzierung aller im Moment laufender Filme. Von der New York Times und Slate gibt es sogar eine 90% Wertung. Da frage ich mich natürlich, warum ich wieder einmal so komisch bin und mit diesem Film nicht wirklich viel anfangen kann. Wie üblich versuche ich meine Kritikpunkte zu strukturieren:

1) Regie: STAR TREK ist das beste Beispiel dafür, was passiert, wenn man einen Regieamateur, der ein bisschen im Fernsehen arbeiten durfte, plötzlich einen Hollywood Blockbuster inszenieren lässt. Abrams konnte bei MISSION IMPOSSIBLE III seine ALIAS Erfahrung einbringen und CLOVERFIELD tickt sowieso ganz anders. Bei STAR TREK sieht man aber nun, wie wenig er tatsächlich davon versteht. Am auffälligsten ist, dass er keinen Sinn für Raum, Dimension und Perspektive hat. Das alles ist im Fernsehen nicht so wichtig, weil man da sowieso gerne von talking head zu talking head springt. Von einem flüchtigen establishing shot (wenn überhaupt) geht es sofort in die medium shots und close ups. Und dann reiht sich ein Detail an das andere - oft minutenlang. Wenn dazwischen einmal ein long shot auftaucht, ist man schon dankbar. Die halbe Zeit ist man völlig desorientiert, weil er kaum Charaktere in Relation zu ihrer Umgebung zeigt. Die Sets wurden fast alle umsonst gebaut, weil er sie erstens kaum herzeigt und, zweitens, die Figuren nicht darin leben lässt.
Dabei liegen Abrams Defizite wahrscheinlich nicht einmal am Fernsehen, weil es sehr viele Serien gibt, die geradezu Meisterstücke im Bereich Cinematography sind. Es ist einfach Abrams selbst, der von Regie zu wenig versteht.

2) Drehbuch: Alex Kurtzman und Bob Orci sollten für die Charaktermomente im Film durchaus gelobt werden, ebenso Webster/Weisberg für das geniale Casting. Dennoch ist es kein Zufall, dass diese beiden Herren TRANSFORMERS 1+2 verbrochen haben. Die Handlung von STAR TREK ist dermaßen schwachsinnig, dass es fast schon weh tut. Nur zwei Beispiele:
a) Was in TRANSFORMERS der All Spark ist, ist hier die rote Materie. Kurtzman und Orci wissen was ein MacGuffin ist und strapazieren das Konzept bis zum Bersten. Die Autoren der Fernsehserie haben schon immer mit Pseudotechnik getrickst, um die Handlung so hinzubiegen, wie es Ihnen beliebte. Das waren aber auch immer die schwächsten Folgen. Als Zuseher fühlt man sich verarscht, wenn beim neuen STAR TREK nichts zusammenstimmt und alles gerade nur für den Moment gilt.
b) Das Mienenschiff aus dem 29. Jahrhundert muss einen verrosteten Bohrer ausfahren, um Gestein zu durchbrechen, während es andererseits mit seinen Waffen ein stark gepanzertes Raumschiff wie nichts zerlegt. Sulu kämpft mit einem Degen gegen einen Romulaner aus der Zukunft, der natürlich auch ein Schwert eingesteckt hat. Logisch.
STAR TREK: THE MOVIE ist ein völlig hirnbefreites Racheepos, das in seiner Komplexität eher wie ein Ego Shooter angelegt ist. Apropos Computerspiel: Am allererbärmlichsten finde ich es, dass die beiden Drehbuchautoren STAR WARS direkt kopieren. Neben der Es-gibt-immer-noch-ein-größeres-Monster Szene aus Phantom Menace (Episode I), ist auch noch der Schlusskampf auf mehreren Ebenen abgekupfert. WIESO??? Jetzt, da STAR WARS Gott sei Dank zu Ende ist, will man wahrscheinlich die Fans zu STAR STREK rüberlocken. Ist ja sowieso alles irgendwie dasselbe.

3) Alternative Zeitlinie: Einen Aspekt des Drehbuchs muss ich getrennt behandeln. STAR TREK spielt in einer alternativen Zeitlinie. Man könnte auch sagen, dass STAR TREK mit der Idee alternativer Zeitlinien spielt. Da das hier gezeigte also sowieso nicht ganz so wirklich ernst zu nehmen ist, kann man ja den Star Trek Fans, die mit der Continuity des ST-Universums vertraut sind, kräftig eine vor den Latz knallen. Dabei finde ich die Idee, Vulkan zu zerstören und Spocks Mutter zu töten, nicht einmal so schlecht, weil Spock dadurch noch exponierter wird. Aber in den meisten Fällen, in denen man Kindern sagt, sie dürfen alles machen, was ihnen einfällt, kommt meistens nur grober Unfug raus. Müssen Spock und Uhura wirklich ein Paar sein? Muss Kirk wirklich in einem Shuttle auf die Welt kommen, während sein Vater heldenhaft stirbt? etc.

Schlusswort: In vielerlei Hinsicht ist STAR TREK: THE MOVIE das vielbefürchtete STAR TREK 90210. Für pubertierende Jugendliche ist es wirklich egal, ob sie sich bei STAR TREK, TRANSFORMERS, oder STAR WARS reinsetzen, aber nur Kommerz ist ein bisschen zu wenig.
Der Film wird nur durch das super Casting und die paar guten Charaktermomente gerettet. STAR TREK ist sicherlich Orci und Kurtzmans beste Arbeit bis jetzt, aber immer noch meilenweit von einem akzeptablen Drehbuch entfernt. Das selbe mag auch für Abrams Regie gelten.

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1 Comments:

At 5. Juni 2009 um 21:39, Blogger Christian Genzel said...

Nicht nur du stehst dem neuen Trek-Epos zwiespätig gegenüber: siehe meine Rezension hier.

 

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