Montag, 6. Dezember 2010

Wie lustig ist Hitler?

Liebe Humoristen,

wie lustig kann und darf Adolf Hitler sein? Im englischsprachigen Raum geht man relativ ungezwungen mit der komischen Seite des Führers um. Hier ein kleines Beispiel:



War das jetzt geschmacklos (besonders die Anspielung auf die Dusche)? Wird Hitler hier verharmlost? Fakt ist, dass die Komiker in der englischsprachigen Welt - von Charlie Chaplin über Monty Python bis zu Mel Brooks, ganz abgesehen von den zahllosen Karikaturisten während des zweiten Weltkriegs - immer schon das komische Potential von Hitler gesehen haben. Vereinfacht könnte man sagen, dass, solange Hitler als Idiot oder Versager erscheint, automatisch eine Legitimation für die Verwendung der Figur gegeben ist.

In Deutschland sieht die Sache völlig anders aus. Da hatte Oliver Hirschbiegels DER UNTERGANG (2004) mit dem Vorwurf zu kämpfen, dass Hitler vermenschlicht würde, aber besondes Dani Levys MEIN FÜHRER - DIE WIRKLICH WAHRSTE WAHRHEIT ÜBER ADOLF HITLER (2007), dass man Hitler nicht mit Humor in Verbindung bringen dürfe (siehe stellvertretend: Rolf Hochhuth). Guido Knopps acht Milliarden Hitler Dokus werden ebenfalls kontroversiell gesehen (Frankfurter Rundschau), besonders weil das Archivmaterial großteils aus Progagandafilmen besteht und trotz aller Kritik aus dem Off Hitler ständig mythologisiert wird. Die Deutschen haben generell ein Problem mit ihrem großen Diktator, wenn sich auch die Situation langsam etwas entspannt.

Also, darf man nun über Hitler lachen? Ist Satire ein geeignetes Format, um sich der Figur zu nähern? Wird Jugendlichen ein falsches Geschichtsbild vermittelt, wenn sie Hitler in Epic Rap Battles of History Darth Vader dissen sehen? Solche Fragen beruhen auf der Annahme, dass jeder Beitrag über Hitler automatisch den gesamten Kontext mitabhandeln und toternst sein muss.
Der Vorwurf der "Geschichtsfälschung" (Rolf Hochhuth) würde voraussetzen, dass Jugendliche oder die Öffentlichkeit im allgemeinen so blöd sind, dass sie INGLORIOUS BASTERDS oder DER UNTERGANG mit Dokumentationen verwechseln bzw. nicht verstehen, dass ohnehin alles konstruiert ist und immer nur einen von vielen Blickwinkeln auf die selbe Sache darstellt. Wie die Beispiele oben zeigen, ist es völlig egal, welches Genre man wählt. Man kann es sowieso nie allen recht machen, wenn die Erwartungshaltungen völlig überzogen oder schlicht und ergreifend fehl am Platz sind.
Deshalb, so glaube ich, darf ich mich über den hysterischen Diktator Adolf Hitler in obigem Klamaukvideo amüsieren ohne gleich den Zweiten Weltkrieg und die Judenverfolgung mit ins Boot nehmen zu müssen.     

1 Comments:

At 7. Dezember 2010 um 08:24, Blogger Christian Genzel said...

Weil wir hierzulande so sensibilisiert sind auf das Thema, erregt der Humor in dem Fall natürlich viel mehr Gemüter. Es hat wohl etwas damit zu tun, daß das Kapitel noch zu unserer unmittelbareren Geschichte gehört - in 50 oder 100 Jahren werden sich die Schmerzpunkte sicherlich verschoben haben.

Dabei ist der Humor ja eine effektive Waffe, um das Überlebensgroße vom Sockel zu stoßen und um mit Leid und Ungerechtigkeit umzugehen. Nichts anderes macht Chaplin ja im GROSSEN DIKTATOR. (Wobei man dazusagen muß, daß Chaplin später gemeint hat, daß er, wenn er das volle Ausmaß des Schreckens gekannt hätte, den Film nicht gemacht hätte. In seinem Film sind ja z.B. die Konzentrationslager quasi nur Gefängnisse.) Viele der besten Angriffe auf und Bloßstellungen von Hitler entstammen dem jüdischen Humor.

Zum "Umgang mit Hitler" im allgemeinen: Vor einigen Jahren erschien in der SN ein Artikel zu DER UNTERGANG, in dem der Redakteur nicht nur die üblichen Bedenken geäußert hat - Hitler wird vermenschlicht! - sondern darüber hinaus gefragt hat, wie man dem Thema überhaupt im Rahmen eines narrativen Filmes gerecht werden kann. Meine Reaktion darauf, die dann auch in der SN abgedruckt wurde, steht hier.

 

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