Mittwoch, 1. Dezember 2010

CHANGE

Liebe Wandlungsfähige,

CHANGE war Obamas 'buzzword' im Wahlkampf. Alles sollte sich mit seiner Präsidentschaft ändern. Genau genommen leben wir in einer Zeit, in der es angeblich alle paar Monate einen Paradigmenwechsel gibt. Kein Stein bleibt mehr auf dem anderen! Jede Woche einen neuen wissenschaftlichen Durchbruch, der unser aller Leben grundlegend verändern wird.
Selbst in den wenigen Jahrzehnten meiner bescheidenen Existenz hier auf Erden habe ich schon weltbewegende Dinge miterlebt: die flächendeckende Einführung des PCs und des Handys, das Internet,
den Fall der Mauer (Die Wende!), das Ende der UdSSR, die Einführung des Euros, 9/11, der Aufstieg Chinas, der erste schwarze Präsident, die jüngste Finanzkrise - und das sind nur die allerwichtigsten.
Interessanterweise habe ich als Österreicher das Gefühl, dass sich überhaupt nichts ändert. Wenn man sich Karikaturen und politische Kommentare von vor 30 Jahren ansieht, braucht man nur die Namen der aktuellen Politiker einsetzen und alles bleibt beim Alten. Die angeblichen großen Wenden haben sich hier nur marginal ausgewirkt. Einzig die zunehmende Digitalisierung und das Internet haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber die politischen Umbrüche waren nicht spürbar.
Das Spannende im Moment ist, dass nicht die großen Krisen die Österreicher mobilisieren, sondern der unerträgliche Stillstand. Nicht die Finanzkrise lockt die phlegmatisch-harmoniesüchtigen Österreicher hinter dem Ofen hervor, sondern die Untätigkeit der Großen Koalition. Die Bürger formieren und organisieren sich. Denn die wirklich großen Umbrüche stehen uns in Österreich noch bevor - so oder so. Aber auch auf europäischer und globaler Ebene kommen ein paar Weichenstellungen und Entwicklungen auf uns zu, gegen die sich 1989 oder 2001 retrospektiv als kleine Randnotizen der Geschichte ausnehmen werden.
Warum traue ich mich diese großen prophetischen Worte in den Mund zu nehmen? Ganz einfach: die ersten Anzeichen für unsere momentanen Baustellen (Erderwärmung, Alterspyramide, Gesundheitssystem, Zusammenbruch der Solidargemeinschaft etc.) hatten wir vor 30 Jahren. Geschehen ist seitdem nichts und die Entwicklung verläuft exponential in manchen Bereichen. Entweder wir bauen unseren Staat und unser Gemeinwesen national und international grundlegend um, oder uns fliegen sehr bald schon die ersten tickenden Zeitbomben um die Ohren. Darauf würde ich sogar eine Wette eingehen.
Die Zehner- und Zwanziger-Jahre dieses Jahrhunderts werden viel spannender werden als all die Pseudokrisen und -wenden der letzten 20 Jahre.   
        

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