Dienstag, 11. September 2007

Made in China

Liebe Frühlingsrollen!

Dank der globalen Wirtschaft kommt Massenware heutzutage fast ausschließlich aus Asien: Flip-Flops, Kinderspielsachen, H&M Fetzen, etc. "MADE IN CHINA" bürgt eben für billigen Schnickschnack, den die Welt nicht braucht. Doch zu meiner großen Überraschung wurde ich da vor kurzem eines besseren belehrt. Als ich Angela Wrights soeben erschienenes Gothic Fiction: A Reader's Guide to Essential Criticism (Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2007) aufschlug, stand da auf der zweiten Seite, dass das Buch in China gedruckt wurde. "Moooooment!", dachte ich mir da. Eine englische Akademikerin schreibt in England ein Buch über Akademiker und deren Meinung zu einer englischen Literaturgattung des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts, also über Romane die kaum noch gelesen werden und Kritiker, die nur in einem Spartenbereich relevant sind. Dieses für etwa 10 Leser konzipierte Buch (die Familie der Autorin miteingerechnet) wird dann als E-Mail-Attachment nach China geschickt, wo unter englischer Aufsicht chinesische Druckereifacharbeiter 10 Exemplare eines Büchlis zusammenkleben, welche dann mit dem großen Tucka-Tucka-Kahn nach England verschifft werden. Während neun davon, von der Autorin handsigniert, bei Uncle James und Aunt Irma landen, um nur zwei zu nennen, landet ein Exemplar zufällig bei Blackwell's in Oxford, wo ich es mir kralle und vergnügt zur Kassa schreite. Das kann sich doch nur rechnen, wenn der Verlag komplett in China drucken lässt. Es bleibt also die Frage, wann die Grenze erreicht ist. Frühstückseier aus China? Karotten aus Taiwan? Zahnstocher aus Südkorea? Es geht mir ja noch nicht einmal darum, dass wir uns alle mit einer kommunistischen Diktatur verbrüdert haben, damit diese möglichst billig, sozial unverträglich und umweltschädigend für uns produziert, sondern dass Dinge ohne rational nachvollziehbaren Grund um die halbe Welt reisen und Produkte keinerlei Bezug mehr zum Standort haben. Werden bald findige Tischler in Österreich hochqualitative Essstäbchen für den chinesischen Markt produzieren?

Es kommen aber nicht nur Produkte aus China, sondern auch die Menschen. Da jeder fünfte Mensch Chinese ist und deren Volkwirtschaft vier Mal so schnell wächst wie unsere, kann man sich ausrechnen, wann unser Straßenbild diese statistischen Tatsachen widerspiegeln wird. In Oxford ist man diesem Szenario schon um einen Schritt näher. Von den ausländischen Studenten waren bisher die Amerikaner mit Abstand die größte Gruppe, gefolgt von unseren nördlichen Nachbarn. Demnächst werden aber schon die Chinesen den Deutschen den Rang ablaufen, weil es dort offensichtlich cool ist in Oxford zu studieren. Hier wimmelt es also nur so vor Asiaten, was mich nicht stört, um keinen Missverständnissen Vorschub zu leisten, aber extrem auffällig ist, wenn man österreichische Verhältnisse gewohnt ist - vorausgesetzt man hält sich nicht in Nähe des Mozarteums auf, denn Musik in Salzburg zu studieren ist noch cooler als Oxford.

Was will ich uns damit nun eigentlich sagen? Ich weiß es nicht genau. Ich habe einfach noch nicht gecheckt, dass die Globalisierung ein Faktum ist und wundere mich bei jedem neuen Beweis.

Labels: