Montag, 13. Dezember 2010

WikiLeaks

Liebe Freunde des Rechtsstaates,

die WikiLeaks-Aufregung zeigt wieder einmal sehr schön, was in unseren westlichen Demokratien alles schief läuft. Die Amerikaner sind, wie immer, Spitzenreiter in ihrer großzügigen Auslegung, was eine Regierung in einem demokratischen Rechtsstaat alles darf. George "Double Trouble" Bush und seine Achse des Guten fälschten Beweise, um einen illegalen und von der Völkergemeinschaft geächteten Krieg gegen den Irak vom Zaun zu brechen (sehr schön von den Kommunisten aufbereitet: weapons of mass destruction), töteten dabei zigtausende unschuldige Zivilisten, sie schworen die Printmedien im eigenen Land auf Propagandaberichterstattung ein (Wer sich nicht daran hielt, war ein Volksverräter.), sie richteten Guantánamo ein, machten die Folter wieder richtig salonfähig, und verhielten sich generell so, wie man es von irgendeinem wahnsinnig gewordenen Diktatur in Asien gewohnt ist. Bush hat dieses Spiel zur Spitze getrieben, aber den amerikanischen Regierungen waren die Menschenrechte immer schon ein Klotz am Bein, wenn es um die eigenen Interessen ging. Wer glaubte, Bush oder einer seiner Henchmen würde nachher zur Verantwortung gezogen, war schrecklich naiv.
Das Lustige an der WikiLeaks-Debatte ist wieder einmal, dass es um die völlig falschen Fragen geht. Also beantworten wir diese gleich einmal alle mit einem JA: ja, Julian Assange, ist ein selbstverliebter und traumatisierter Paranoiker, der sich als Messias versteht; ja, er hat zwei Frauen in Schweden eingeredet, sie mögen doch bitte Sex mit ihm haben, ohne Kondome zu verwenden; ja, es gibt Grenzen, was an staatlichen Dokumenten veröffentlicht werden darf, wenn dadurch das Gemeinwohl gefährdet wird; ja, Wikileaks hat in diesem Bereich früher Fehler gemacht und zu viel ungefiltert verbreitet; ja, er hat viele Hacker unter seinen Fans, ebenfalls Paranoiker, die völlig illegal Internetseiten lahmlegen, wenn sie provoziert werden. Ich hoffe, das waren alle. Wenn noch jemand Fragen hat, dann möge er sie mit JA beantworten. Jetzt können wir endlich zu den eigentlichen Punkten kommen.

Darf eine Regierung den Rechtsstaat umgehen, um ihre Interessen durchzusetzen, ganz egal wie der Fall gelagert ist? Während man in der heutigen Zeit mit vielen kniffligen Problemen konfrontiert ist, die keine einfachen Antworten erlauben, muss es in diesem Fall wie aus der Pistole geschossen kommen: NEIN. In einer Demokratie darf die Regierung weder die Gerichtsbarkeit direkt kontrollieren noch die Gesetze beugen und brechen wie sie lustig ist. Ohne Gerichtsurteil können nicht einfach Personen verhaftet, Konten geschlossen, Internetseiten verboten, oder sonstige repressive Maßnahmen durchgeführt werden. Dass die amerikanische Regierung Konzerne erpresst, um ihre Interessen ohne rechtliche Grundlage durchzusetzen, ist schon ein starkes Stück. Man fragt sich, was da als nächstes kommt.

Ein weiterer interessanter Punkt ist, wie schwach Obamas Regierung ist. Erstens ist sie nicht wesentlich anders als alle anderen davor. Zweitens fahren die das volle Programm, als ob es ums Eingemachte ginge. Entweder das stimmt, dann haben die ganz viel Dreck am Stecken, den wir besser nicht erfahren sollten, oder es sind fürchterliche Hosenscheißer, denen bei jeder Kleinigkeit der Arsch auf Grundeis geht. Vermutlich stimmt beides. Hinter diesem ganzen Imponiergehabe und Säbelrasseln darf man auch nur einen Haufen orientierungsloser Paranoiker vermuten, die sicherheitshalber einmal schießen, um ihr Grundstück zu verteidigen.   

Brauchen wir mehr Transparenz in Bezug auf unsere Regierungen? Wieder eine sehr leichte Frage: JA. Diese stellen nämlich ganze Heerscharen von PR Beratern ein, um uns eine Sache nicht direkt mitteilen zu müssen: die Wahrheit. Ich glaube, dass die momentane Runde von 'Enthüllungen' nicht gerade das beste Beispiel dafür ist. Diplomaten sind von berufswegen noch geschwätziger als die Normalbevölkerung, also reden die so viel Schwachsinn wie der Tag lang ist. Für Österreich  aber würde es mich schon sehr interessieren, welche Deals da zwischen der schwarz-blauen Regierung unter Schüssel und diversen Banken und Rüstungskonzernen gelaufen ist. Was ist jetzt mit Grasser und seinen Kumpanen? Da wäre ein Vielfaches mehr an Transparenz dringendst nötig.

Ich glaube nicht, dass WikiLeaks irgendetwas aufklären kann, dass nicht ohnehin jeder wusste, aber eine prinzipielle Debatte darüber, was Regierungen dürfen und welche Informationen sie uns schuldig sind, ist bitter nötig.