Sonntag, 1. Mai 2005

U-Markt

Liebe Freunde des Volksfestes!

Als letzten Verfechter des Brauchtums verschlug es mich wie selbstverständlich dieses Wochenende auf den Urfahraner Jahrmarkt. Damit ist eine traditionsreiche Gewerbemesse samt Rummel gemeint, die schon seit Jahrzehnten das Herz der Linzer höher schlagen läßt. Also näherte ich mich, von Nostalgie ergriffen, dem weitläufigen Areal am nördlichen Donauufer, wo diese wandernde Kleinstadt der gepflegten Unterhaltung zweimal jährlich ihr Zuhause findet. In der abendlichen Dämmerung bot sich mir ein Lichtermeer dar, das selbst einem abgeklärten Zyniker wieder das Staunen zu lehren vermag.
Alles ist Bewegung. Selbst aus der Ferne sieht man, wie die Krakenarme der Gerätschaften in buntem Tanz durch die Luft wirbeln. Tritt man nun endlich in diese Zauberwelt ein, wird man auch mit anderen Sinneseindrücken belohnt. Wie Duftlampen aromatisieren die Friteusen die laue Frühlingsluft und ziehen blumengleich eine reiche Zahl von Nachtschwärmern an. Gerne geht man im fröhlichen Geschiebe der Menschen auf und wird ein Teil eines größeren Ganzen. Die sanfte Woge der Freundschaft trägt einen von einer Attraktion zur nächsten. Dabei schweift der Blick beständig zwischen der unfassbaren Faszination der wirbelnden Elemente und den Besuchern in Abendgarderobe hin und her, die sich dem Anlass entsprechend in Schale geworfen haben. Während die Herren auf solide Tradition setzen, erkennt man bei den Damen stilistische Rafinesse. Hier wird kombiniert, exponiert und verführerisch angedeutet, dass es einem die Sprache verschlägt. Die Enge des um den Körper mühsam geschlungenen Stoffes wird durch die ausladende Farbenpracht der Teile mehr als abgefangen. Generell pflegt man ein Spiel mit Kontrasten: Die hohen Stiefel aus weißem Lack werden gekonnt mit kurzen schwarzen Röcken kombiniert. Trunken von der Vielfalt der Eindrücke zieht man sich in eines der zahlreichen Restaurants zurück, um in aller Ruhe eine Mahlzeit zu sich zu nehmen und den Tag ausklingen zu lassen. Wie schön kann doch Brauchtum sein, wenn es die Menschen zusammenführt und gemeinsam die Freuden des Lebens genießen läßt.

5 Comments:

At 2. Mai 2005 um 12:07, Anonymous Anonym said...

yes yes the Urfahr fair!
Es gibt schon einen Grund warum ich seit meinen Jugendtagen nicht mehr da war. Aber als Kind is das schon sehr beeindruckend.
Ich muss ja sagen, ich hab Linz und Urfahr immer als Minimundusversion von New York und New Jersey gesehen. Keiner will wirklich von der anderen Seite des Flusses sein. Und Tom Waits hat das mal besungen:
Tonight I'm gonna take that ride
'cross the river to the Urfahr side
take my baby to the carneval
and I'll take her on the rides.
Nothing matters in this whole wide world,
when you're in love with an Urfahr girl.

 
At 2. Mai 2005 um 14:09, Anonymous Anonym said...

Memories of the Urfahr girls / they race around my brain in swirls / (and You'll never ask me why the changes in the sky lead you upwards through the hole that you go through) // New Urfahr girl, everything's below you.

 
At 2. Mai 2005 um 14:40, Anonymous Anonym said...

Freiheit für Urfahr! Im Schicksalsjahr 1919 wurde die freie Stadt Urfahr in den Moloch Linz eingemeindet. Deshalb fordern wir: Sprengt die Brücken! Tretet der Front für ein Freies Urfahr bei und führt unsere geliebte Heimatstadt aus der Knechtschaft des Stahlproletariats!

 
At 2. Mai 2005 um 14:45, Anonymous Anonym said...

Ich wußte ja gar nicht, dass Urfahr in Liedern besungen wird und romantische Erinnerungen weckt. Natürlich ist Urfahr das Venedig Zentraleuropas, besonders wenn der Urfahraner Jahrmarkt seine Zelte aufschlägt und sich das 10-stündige Feuerwerk am Samstag Abend in der Donau spiegelt.

 
At 2. Mai 2005 um 14:46, Anonymous Anonym said...

Jawohl! Urfahr zurück ans unterentwickelte Mühlviertel, das erst von den Römern nicht besiedelt und dann von den Russen besetzt, äh, befreit (was auch immer, scheißegal) wurde. Eine Schmach, dass in dieser Sahelzone des Geistes unser Rathaus steht (Vielleicht aber auch genau deshalb?).

 

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