Donnerstag, 24. November 2005

Brennen

Liebe Pyromanen!

Manche dachten schon, dass der Ofen aus sei. Dabei hatte ich gerade einmal zwei Wochen keine zündende Idee für einen gelungenen Eintrag. Ich weiß natürlich, dass viele darauf brennen vom Obstgarten täglich auf höchstem Niveau unterhalten zu werden, aber oft läuft mein Prozessor nur auf Sparflamme. Ich würde liebend gerne einen geistreichen Gag nach dem anderen abfeuern, damit die werte Leserschaft wieder Feuer und Flamme ist und die Emotionen hochlodern. Andererseits entpuppen sich gerade diese Leserprovokationen oft als ein Spiel mit dem Feuer.
Wie unschwer zu erkennen ist, geht es heute um das Brennen. Biologisch gesehen ist der Mensch ja ein Zuckerkraftwerk. Die Zuckerrübe, zum Beispiel, holt sich über die Blätter Kohlendioxid (CO2) aus der Luft und über die Wurzeln Wasser (H2O) aus dem Boden. Daraus bastelt sie dann unter Mithilfe von Sonnenenergie Zucker (C6H12O6). Diesen speichert sie in der Rübe. Pflanzen sind also nichts anderes als solarbetriebene Akkus. Diese Energiespeicher führt sich nun der Mensch zu Gemüte. In jeder Zelle des Körpers stehen fuzikleine Zuckerkraftwerke, die der Biologe Mitochondrien nennt. Darin verbrennen wir dann den Zucker unter Mithilfe von Sauerstoff und setzen die darin gespeicherte Sonnenenergie frei. Da es sich um eine genau Umkehrung der Photosynthese der Pflanzen handelt, bleiben auch genau die Stoffe übrig, mit denen alles anfing: Kohlendioxid und Wasser. Ein perfekter Kreislauf? Nicht ganz. Es gibt nämlich keine saubere Verbrennung und Sauerstoff ist im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich. Das haben wir alle in BACKDRAFT gesehen. Bewegung geht also organisch voll auf die Substanz. Da aber Bewegung einen ungeheuren Evolutionsvorsprung bedeutet, nehmen es die meisten Lebewesen (evolutionär gesehen) gerne in Kauf, dafür früher die Rolle heimwärts machen zu müssen. Fliegen ist die energieintensivste Bewegungsform und deshalb segeln viele Vögel nur fünfmal in den Süden, während Schildkröten schnell mal 200 Jahre alt werden können.

Unabhängig von den biologischen Tatsachen brennen wir natürlich auch gerne symbolisch. Hier das vielleicht bekannteste Gedicht von Edna St. Vincent Millay:

My candle burns at both ends;
It will not last the night;
But ah, my foes, and oh, my friends -
It gives a lovely light!

Wenn man im englischsprachigen Raum ordentlich Gas gibt, lange aufbleibt und somit zu wenig schläft, spricht man von "burning the midnight oil". Das geht, wie in dieser Redewendung angedeutet wird, natürlich auch auf die Substanz. Man verzehrt sich auch vor Liebe, Kummer oder Schmerz. Wenn Dr. Tolian Soran in STAR TREK: GENERATIONS meint, "Time is the fire in which we burn.", dann spricht er zwar in einem Bild, aber vielleicht hängen ja Zucker, Lebensenergie und Zeit enger zusammen, als man allgemein annimmt. Vielleicht gilt ja im Kleinen, was im Großen gilt und die Lebensenergie, an den biologischen Körper gebunden, ist wie die Sonnenenergie. Irgendwann verzehrt sich jeder Stern selbst.
Bleibt also die Frage, wofür und für wen es sich auszahlt Feuer und Flamme zu sein. Will man als leuchtendes Beispiel vorangehen? Will man ganz egoistisch sein und nur für sich selbst leuchten, wie Shakespeare in seinem ersten Sonnet schreibt?

But thou, contracted to thine own bright eyes,
Feed'st thy light's flame with self-substantial fuel,
Making a famine where abundance lies,
Thyself thy foe, to thy sweet self too cruel.

Oder sollte man, ganz im Gegenteil, verschwenderisch mit seinem Licht umgehen und mit Widerschein belohnt werden? Kann man Energie spenden? Kann man sich an Dingen, Kunst, Ideen und Menschen wärmen?

5 Comments:

At 25. November 2005 um 11:53, Anonymous Anonym said...

Oder auch: The roof, the roof, the roof is on fire, we don't need no water, let the motherf***er burn. Nur, um die Sammlung kultureller Brandartefakte zu vervollständigen.

 
At 25. November 2005 um 12:17, Anonymous Anonym said...

Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass C6H12O6 die chemische Formel für Traubenzucker ist - also stellt unser Körper in diesem Sinne keinen reinen Zucker her.

Und dann fällt mir noch "Fire & Ice" von Robert Frost ein; ein lyrisches Meisterwerk, das ich den Anglistikern wohl nicht näher bringen muss :-)

 
At 25. November 2005 um 12:21, Anonymous Anonym said...

Hahaha!

Love is a burning thing
and it makes a firery ring
bound by wild desire
I fell in to a ring of fire...

I fell in to a burning ring of fire
I went down, down, down
and the flames went higher.
And it burns, burns, burns
the ring of fire
the ring of fire.

MIR IST KEINER GEWACHSEN!

 
At 25. November 2005 um 12:22, Anonymous Anonym said...

Und der olle springsteen wärmt sich seiner eigenen Aussage nach schon an anderen Menschen.

"and when we kiss - Fire!"
(aus 'Fire')

 
At 26. November 2005 um 15:03, Anonymous Anonym said...

... da wär noch Billy Joel...

We didn't start the fire
It was always burning
Since the world's been turning
We didn't start the fire
No we didn't light it
But we tried to fight it

 

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