Mittwoch, 2. November 2005

Ödipus - Hamlet - Jack Bauer

Liebe Mythologen!

Nach "We need man like you" und "A History of Violence" bringe ich hiermit die völlig ungeplante Gewalt-Trilogie zu Ende. In seinem Buch "Die gnadenlose Liebe" (Suhrkamp, 2001) entwirft Slavoy Zizek ein Modell, wie sich die Tragik der mythischen Helden im Laufe der Zeit wandelt, aber stets aus dem Verhältnis von Wissen und Tat resultiert.
Das Schicksal des Ödipus wird insofern als besonders tragisch empfunden, als der Held handelt ohne die Zusammenhänge zu kennen. Zwar prophezeit das Orakel seine Taten, aber gerade seine Flucht vor diesem Fluch treibt ihn genau dazu: Er tötet seinen Vater Laios, heiratet seine Mutter Iokaste und zeugt vier Halbgeschwister. Das Schicksal hat sich gegen ihn verschworen und lässt ihn im Dunkeln, bis Vatermord und Blutschande vollzogen sind. Ödipus selbst nimmt die Ermittlungen auf, um den Mörder des früheren Königs zu finden. Nach einer intensiven Suche nach Wahrheit kommt er sich schliesslich selbst auf die Schliche.
Bei Hamlet liegt der Fall ganz anders: Ein Zu-viel-wissen macht den armen Prinzen völlig handlungsunfähig. Bereits in der 5. Szene des 1. Akts tritt sein eigener Vater als "Kronzeuge im Mordprozess" auf und erzählt aus der Sicht des Opfers den Tathergang im Detail. Was könnte sich ein Detektiv noch mehr wünschen? Doch der zögernde Prinz braucht Beweise. Er inszeniert die Bluttat als Theaterstück und als sein Stiefvater und Onkel an der entscheidenden Stelle aufspringt und davonläuft, ist jedem klar, dass der Geist nicht log. Doch Hamlet ist wie gelähmt. Gerade weil er alles weiß, handelt er nicht.

Jetzt lasse ich mal kurz den Slavoy zu Wort kommen:
"Doch es gibt noch eine dritte Formel, um die dieses Paar - "Er weiß es nicht, obwohl er es tut" und "Er weiß es und kann es daher nicht tun" ergänzt werden muß: "Er weiß ganz genau, was er tut, und dennoch tut er es." Während die erste Formel den traditionellen Helden betrifft und die zweite den der frühen Moderne, charakterisiert die letzte, die das Wissen und den Akt auf zweischneidige Weise miteinander kombiniert, den spätmodernen - postzeitgenössischen - Helden." (S. 14)

Was er damit meint, verrät er ein wenig später: "Kurzum, die eigentlich moderne post- oder metatragische Situation besteht darin, daß mich eine höhere Notwendigkeit zwingt, die ethische Substanz meines Wesens zu verraten." (S. 15)

Dieser Definition zur Folge ist Jack Bauer der moderne Held schlechthin. Ständig opfert er sein privates Glück, seine Gesundheit und seine moralischen Grundsätze for the greater good - to save millions of lives. Er ist sich dabei ständig der Konsequenzen seines Handelns bewußt: "No one understands that better than I do."
Er weiß genau, was er tut, und dennoch tut er es.
In A HISTORY OF VIOLENCE passiert so etwas ähnliches. Um sich, seine Familie und seine Freunde zu schützen, muss Tom Stall wieder zur Bestie werden und seine Vergangenheit nicht nur im Kopf, sondern jetzt auch in der Realität auslöschen. Wie bei Jack Bauer ist der Preis für den Schutz seiner Familie seine Familie. Gewalt wird immer mit Opfern bezahlt.

Nun aber zur Preisfrage: Ist Jack Bauer tatsächlich der prototypische Held unserer Zeit? Gibt es noch den unwissenden und den zögernden Helden? Und was ist eigentlich mit den Frauen? Gibt es da ganz andere Heldentypen?

Labels:

2 Comments:

At 3. November 2005 um 11:15, Anonymous Anonym said...

keine ahnung. sags! du bist er weise obi wahn.

 
At 3. November 2005 um 23:05, Anonymous Anonym said...

Ja muss ich denn hier alles selber machen!?

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home