Dienstag, 3. Jänner 2006

Gigantomanie

Liebe Freunde des Spektakels!

Im Lauf der Geschichte erlagen schon viele Wahnsinnige der Illusion, dass die Größe der Unternehmung mit ihrer Bedeutung gleichzusetzen ist. Unser Landsmann Adolf Schicklgruber (aka Hitler) gehört wohl zu den bekanntesten Vertretern dieser Zunft. Alleine die Baupläne für Berlin (Germania) und Linz hätten ihm einen Platz im Pantheon der ganz großen Irren eingetragen.
Nun gibt es Maßlosigkeit aber nicht nur in der Politik, sondern auch im Film. Meistens landet ein aufstrebender Regisseur einen Bombenerfolg und erhält dann für den nächsten Film - sein Traumprojekt - so viel Geld vom Studio, dass es kein Halten mehr gibt. Da unzählige Beispiele vorliegen, sei hier nur Roberto Benigni genannt. DAS LEBEN IST SCHÖN erhielt 1998 3 Oskars (Actor in a Leading Role, Foreign Language Film, Music) und spielte in den USA - als ausländischer Film! - 60 Millionen und weltweit 230 Millionen Dollar ein. Daraufhin gab man dem guten Roberto nicht nur 45 Milionen Dollar, sondern auch freie Hand für sein nächstes Projekt PINOCCHIO (2002). Es lässt sich gar nicht in Worte fassen, wie grottenschlecht dieser Film ist. Die Referenzklasse sind natürlich Verhoevens SHOWGIRLS und Travoltas BATTLEFIELD EARTH. Da ich letzteren nicht kenne, kann ich nur folgendes sagen: SHOWGIRLS ist ein cineastischer Augenschmaus im Vergleich zu Benignis qualvoller und äußerst befremdlicher Adaption des Kinderbuchklassikers. Zu Recht wurde er von den Kritikern in der Luft zerfetzt und mit mehreren Razzies ausgezeichnet.
Aber nun zum eigentlichen Thema: Nach Peter Jacksons Triumph DER HERR DER RINGE, gab man ihm das größte bisher dagewesene Filmbudget (207 Millionen Dollar exklusive Vermarktungskosten - SPIDY 3 und SUPERMAN RETURNS, by the way, haben Budgets von 250 Millionen Dollar, kommen aber erst raus) und ließ ihm ebenfalls freie Hand. KING KONG, Jacksons Jugendtraum, ist ein Triumph der Maßlosigkeit. Bereits bei DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS, als der Erfolg der Trilogie schon lange gesichert war, verlangte er vom Studio extra Geld, um die Effektsequenzen noch spektakulärer zu gestalten. Während die Schwachkopfskis bei MATRIX 2 und 3 genau daran scheiterten (zu viel Budget, zu viele Effekte, zu wenig Menschliches), ging Jacksons Rechnung mit KING KONG erneut auf. Dabei ist der Film in jeglicher Hinsicht überbordend, um nicht zu sagen wahnwitzig. Das beste Beispiel ist vielleicht JURASSIC PARK 4: SKULL ISLAND, aka der Mittelteil des Films. Was als direkte Anspielung beginnt, endet in zwei Effektsequenzen, die, rein logisch gesehen, hirnrissiger nicht sein könnten: die Flucht vor der trampelnden Dinosaurierherde und die Allosaurus-Hochseiltrapeznummer. Völlig ungläubig sitzt man im Kino und freut sich wie ein kleines Kind über eine Sache, die es eigentlich nicht geben dürfte. Und da wären wir auch schon beim Kernstück des Films: Noch unglaublicher als die Monstershow ist die Vorstellung einer tragischen Liebesbeziehung zwischen einer Frau und einem 8 Meter großen Gorilla. Die Wahrscheinlichkeit, dass es lächerlich oder künstlich wirkt, ist riesengroß. Aber genau das ist es, was an diesem Film am besten funktioniert. Naomi Watts schafft es durch ihre außergewöhnliche Darstellung der Ann Darrow den Wahnsinn der Effektsequenzen in Vergessenheit geraten zu lassen. King Kong selbst ist neben New York City die wahre CGI-Meisterleistung des Films und spielt mehr als überzeugend. Damit gelingt, was bereits in HERR DER RINGE funktionierte: neben dem pompösen Effekteklamauk gibt es immer noch glaubwürdige Charaktere, auch wenn es sich um einen 8-Meter Gorilla handelt. Deshalb drehen Peter Jackson und James Cameron auch bessere Filme als George Lucas.

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