Donnerstag, 16. Dezember 2010

Warum 3D?

Liebe Nah- und Fernseher,

zuerst eine Spitzfindigkeit: Filme waren auch vor 3D schon in 3D, denn die vierte Dimension, die Zeit, ist fixer Bestandteil des Kinos, also kommt man mit Höhe und Breite zusammen auf drei Dimensionen. Nur ein Gemälde ist in echtem 2D, simuliert aber Tiefe über Perspektive. Scheinbar geht es beim neuen 3D Kino auch viel öfter um die Simulation von Tiefe als deren korrekte Wiedergabe. Wie soll man es sich sonst erklären, dass laufend 2D Filme auf 3D 'umgerechnet' werden. Dafür gibt es aber eine ganz einfache Erklärung.
Echte 3D Filme (Animation einmal ausgenommen) sind sehr aufwändig, da das System nicht ganz ausgereift ist und noch immer viel herumprobiert werden muss. Zwischen den Realaufnahmen von AVATAR am Anfang des Films und den Computeranimationen besteht ein riesiger qualitativer Unterschied. Ich vermute, dass Caemeron die Anfangssequenz auf der Erde deshalb rausgenommen hat, weil er möglichst schnell zu den eigentlichen Stärken des Films übergehen und nicht die Schwächen des Systems in den Vordergrund rücken wollte.
Aufgrund der komplizierten Technik und dem völlig neuen Kinoerlebnis scheinen nun Ticketpreise von +50% gerechtfertigt zu sein, also etwa € 12 statt € 8 (ohne Ermäßigung). AVATAR ist vielleicht der einzige Film bis jetzt, bei dem ein solcher Mehrpreis gerechtfertigt ist (auch wegen der Überlänge). Die Studios setzen voll auf 3D, weil sie erstens viel mehr Geld an den Kinokassen einnmehmen können und endlich etwas gefunden haben, dass das Heimkino (Fernseher + Bluray) nicht wirklich leisten kann. Wer echtes 3D will, muss einfach ins Kino gehen.
Das bringt uns zurück zu der Frage, warum man 2D in 3D umrechnen will. Ganz einfach: mit einem relativ günstigen Arbeitsschritt kann man für den selben Film 50% mehr an Eintritt verlangen. Da ist es den Studios relativ egal, ob das Endprodukt nicht so wirklich als 3D Film überzeugen kann. Hauptsache der Rubel rollt. Deshalb sollten wir uns als Konsumenten wirklich überlegen, ob ein Film die paar Euro mehr Eintritt wirklich wert ist, oder ob es die 2D Version auch tut. Seit AVATAR habe ich niemanden mehr sagen hören, dass man einen Film unbedingt in 3D sehen müsse.
Ich glaube, dass sich 3D im Kino schon durchsetzen wird, wenn sich die Technik noch wesentlich verbessert und Regisseure wie Cameron am Ruder sind, die genau wissen, was sie tun. Für das 3D Fernsehen, hingegen, sehe ich für die nächsten 10 Jahre schwarz. Da müssten die Bestandteile wesentlich billiger werden, um sich diese relativ sinnlose Spielerei ins Wohnzimmer zu holen.              

Labels:

1 Comments:

At 17. Dezember 2010 um 17:28, Blogger Christian Genzel said...

Das 3D-Fernsehen hat noch viel größere Probleme als nur die Tatsache, daß die Hardware teuer ist (nicht nur die Fernseher, sondern auch die Brillen) und daß es ganz wenig Content dafür gibt: 3D funktioniert zuhause nicht gut. Der 3D ist um so größer, je größer die Fläche ist, auf die man blickt, und je dunkler es drumherum ist. Im Kino ist das Verhältnis optimal: Sehr große Leinwand, völlig finster drumherum. Zuhause ist das nicht der Fall: Nicht jeder hat einen 63"-Fernseher, und nicht jeder verdunkelt zum Fernsehen absolut das Zimmer. Der Normalverbraucher schaut bei normalem Licht auf eine Fläche, um die herum viel Raum zu sehen ist. Der 3D-Effekt wird dadurch um ein wesentliches reduziert.

Ich halte 3D nach wie vor für eine Spielerei, die kaum ästhetische bzw. künstlerische Notwendigkeit hat. Es ist, wie du richtig andeutest, ein geschäftlich motivierter Trend. Es gibt keine Filme in 3D, die in 2D nicht genauso funktionieren würden - was auch daran liegt, daß wir ohnehin dreidimensional sehen, auch auf einer zweidimensionalen Fläche (auch das deutest du ja an). Wir wissen ohnehin, daß Sachen weiter hinten im Raum stehen oder weiter vorne. Ich will mal nicht sagen, daß AVATAR nicht ein aufregendes Erlebnis war, wobei der 3D-Effekt die neue Welt sozusagen "spürbarer" gemacht hat. Aber gibt 3D dem Medium Film neue erzählerische Möglichkeiten?

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home