Montag, 2. Mai 2005

Papa Joe

Liebe Christen!

Ich habe am Wochenende Papst Benedikts des XVI (aka Kardinal Ratzinger oder Ein Bayer in Rom) letztes Buch "Werte in Zeiten des Umbruchs" (Herder, 2005) gelesen. Darin sind Reden und Vorträge aus den letzten 13 Jahren versammelt, wobei der Großteil jüngeren Datums ist. Vielleicht zuerst die frohe Botschaft: Der Papst scheint es mit der Ökumene tatsächlich ernst zu meinen. Das ganze Buch über spricht er von den Christen und die "heilige katholische Kirche", an die wir alle laut Glaubensbekenntnis glauben sollen und wollen, meint dann vermutlich nicht exklusiv uns Katholiken, sondern auch die Ketzer und Kirchenspalter, die des Nächtens junge Kätzchen strangulieren und des Nachbarn Brunnen vergiften (aka die Evangelischen, Protestanten, Freikirchler, Ostkirchler, Pfingstbewegten, Pfadfinder, Original Oberkrainer, Sandalenträger, Strohsternbastler, Maoisten, Jar-Jaristen, Kubisten, Organisten, Dadaisten und wie sie alle heißen). Kurz gesagt: Er relativiert den katholischen Totalanspruch. Die meisten Kommentare zur modernen Gesellschaft und zur Europapolitik kann man auch alle nachvollziehen.
Wo er mich aber argumentativ im Regen stehen läßt ist beim Gewissen. Er stellt völlig logisch dar, dass das eigene Gewissen nicht die höchste Instanz sein kann, weil jeder Mensch immer wieder aus vollster Überzeugung falsch handelt und erst nachher erkennt, was er für einen Mist gebaut hat. Man kann eben seiner eigenen Subjektivität nicht entfliehen. So weit, so gut. Als logische Konsequenz braucht man daher die katholische Kirche als guide, damit man die richtigen Entscheidungen treffen kann.
Besteht aber die katholische Kirche nicht auch aus lauter Individuen, die ihrer Subjektivität nicht entfliehen können? Woher nimmt der Papst oder irgendein anderer Kirchenvertreter die absolute Wahrheit? Haben all die Kirchenführer der letzten 2000 Jahre deshalb Recht, weil sie sich auf ein System geeinigt haben? Dabei sagt Ratzinger selbst, dass die Mehrheit in einer Demokratie nicht automatisch Recht hat. Woher weiß die katholische Kirche also, dass sie auf dem richtigen Weg ist?
Wo er sich auch auf Glatteis begibt ist beim gerechten Krieg, z.B. gegen Deutschland im zweiten Weltkrieg, wobei dieser Fall ja noch halbwegs einleuchtet. Wo zieht man aber die Grenze? War der Bombenkrieg gegen Zivilisten auch noch okay? Wer entscheidet, ob und unter welchen Umständen ein Krieg gerecht ist? Man darf hier nicht vergessen, dass die Kirche Abtreibung als Mord sieht. Warum sind abgetriebene Zellhaufen und Föten unverzeihlich, während im gerechten Krieg zwangsweise Opfer in Kauf genommen werden müssen?
Man darf sich also keine große Liberalisierung der Lehre erhoffen. Wenn er aber die Sache mit der Christian community hinbekommt, dann ist warscheinlich für seine Amtszeit schon genug geschehen.

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2 Comments:

At 3. Mai 2005 um 00:50, Anonymous Anonym said...

die kirche hat die wahrheit von gott, höchste instanz. deshalb hat nicht unbedingt die mehrheit in der demokratie recht. wahrheitsanspruch. bin müde. mir fällt nix mehr ein.

 
At 3. Mai 2005 um 12:00, Anonymous Anonym said...

Genau so wollte ich das auch gerade schreiben, aber Schwarz ist mir mal wieder ein paar Schritte voraus. Die Kirche "kanalisiert" ja Gottes Wort, da ist menschlicher Irrtum eher ausgeschlossen. Word!

 

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