Donnerstag, 28. September 2006

Nationalratswahlen

Liebe Wähler!

Ich finde es sehr erstaunlich, dass fast jede(r) ein großes Geheimnis daraus macht, was er bzw. sie wählt und warum. Dafür kommen nämlich nur bedenkliche Gründe in Frage:

1) Man weiß es nicht.
Das setzt voraus, dass man sich weder für Politik interessiert noch mitbekommt, was im Land vor sich geht. Man kennt die Programme der Parteien nicht und kann folglich nicht abschätzen, was diese im Falle einer Regierungsbeteilung umsetzen würden.
Meistens hört man ein "Bringt ja eh nix!" oder "Das sind ja sowieso alle Idioten!". Das zeugt aber nur von eigener Faulheit bzw. Dummheit.

2) Man zweifelt seine Entscheidung an.
Auch nicht gut. Ich beauftrage mit meiner Stimme eine bestimmte Partei Regierungsverantwortung zu übernehmen, glaube aber gleichzeitig, dass das nichts (oder nur wenig) bringt.

3) Man befürchtet negative Auswirkungen.
Da muss man sich aber ernsthaft die Frage stellen, ob man im richtigen sozialen bzw. beruflichen Umfeld unterwegs ist. Wenn ich auf Grund meiner politischen Überzeugung schikaniert bzw. diskriminiert werden würde, dann bin ich sowieso von Idioten umgeben und sollte schleunigst weg von dort.
Ich persönlich wäre schockiert, wenn jemand in meinem Umfeld FPÖ oder BZÖ wählen würde. Da würde ich auf jeden Fall nachfragen und mit Argumenten kontern. Aber jemanden deswegen ausgrenzen wäre absurd. Viel bedenklicher als ein klares Bekenntnis zu einer Sache ist das Sich-nicht-festlegen-wollen. Jedes Handeln ist im weitesten Sinne gesellschaftlich relevant und somit auch politisch. Wenn ich keine Entscheidungen treffe, werden Entscheidungen für mich getroffen. So einfach ist das.

Ich selbst wähle immer grün. Das liegt einfach daran, dass ich mich mit den Grundideen am besten identifizieren kann. Natürlich haben sich da im Laufe der Jahre und Jahrzehnte schon die wahnwitzigsten Forderungen angesammelt, aber wenigstens hat die Partei Ideen bzw. Visionen. In diesem Wahlkampf sind die Grünen die einzige Partei, die überhaupt öffentlich Inhalte vertritt, wie z.B. die Bildungsreform. Diese ist natürlich mehr als utopisch, aber zumindest wollen sie Veränderungen herbeiführen. Der Kanzler erinnert uns nur pausenlos daran, wie toll nicht Österreich und er selbst ist. Es besteht ja auch nicht die Gefahr, dass die Grünen plötzlich 51 % der Stimmen bekommen, alleine regieren und den Spritpreis auf 5 Euro por Liter raufsetzen. Mir reicht da eine Regierungsbeteiligung vollkommen aus.

Ich würde mir in meinem Umfeld viel mehr politische bzw. gesellschaftspolitische Debatten wünschen. Leider steigen nur die wenigsten darauf ein.

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4 Comments:

At 28. September 2006 um 18:22, Blogger Christian Genzel said...

Ich bin ja hierzulande fein raus - ich darf ja gar nicht mitmachen bei der Zukunftsbestimmung der Nation. So kann ich mir den ganzen Zirkus mit Distanz ansehen. Nicht, daß es mir in Deutschland leichter fallen würde, zu wählen - der von mir gewählte Wandel hat uns prompt eine Umsatzsteuererhöhung beschert ...

 
At 29. September 2006 um 22:19, Anonymous Anonym said...

Groß gesprochen! Ich find ja auch, dass dieses ach so intelligente "Sind-ja-eh-alles-Trotteln-und-bringt-sowieso-nix" Gerede, dass ja dann immer beweisen soll, wie sehr man die Politik nicht durchschaut hat, unendlich doof ist.
Ich wähle auch regelmäßig Grün aus sehr ähnlichen Gründen wie du. Und noch viel dümmer übrigens find ich Sätze wie "es-ändert-sich-ja-sowieso-nix". Wer sowas sagt, hat die letzten Jahre wohl auf der ISS oder dem Glocknergipfel verbracht. Mündigkeit is wohl etwas sehr Schwieriges.
Hab übrigens auch zum Thema gebloggt: http://fritz.salzburg.com/chris/stories/6861/

 
At 4. Oktober 2006 um 11:15, Anonymous Anonym said...

Lieber Wahn!

Ich bin auch total deiner Meinung. Ich bin zwar Wechselwähler, aber auch diesmal habe ich Grün gewählt in der Hoffnung doch eine Schwarz-Grüne Wende zu begünstigen. Wer konnte denn damit rechnen, dass die Roten die Nase vorn haben würden!?
Egal. Was du in Punkt 3 schreibst, ist zwar richtig und am besten wäre es sich einem derartigen Umfeld zu entziehen. Allerdings tu besonders ich mir momentan damit schwer: denn erstens bin ich noch von meinen Eltern finanziell abhängig und zweitens es ist halt doch die Familie. Von der kann man sich nicht ganz so leicht "lossagen" ... daher sage ich auch nur bestimmten Leuten welche Partei ich gewählt habe, da kann ich mir dann wenigstens Verständnis für mein Kreuzerl erwarten :-)

 
At 11. Oktober 2006 um 10:36, Anonymous Anonym said...

Liebe Martina!

Ich habe ja auch leicht reden, weil meine ganze Verwandtschaft rot, schwarz und grün durchmischt ist und es jeder für völlig normal hält, seine Überzeugungen in eine Diskussion einzubringen. Dasselbe gilt auch für den Job, obwohl wir dort weniger politische Debatten führen. Die Ex-Unterrichtsvernichterin Gehrer nicht zu mögen hat ja nichts Parteipolitisches an sich.

 

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