Freitag, 27. Oktober 2006

Akademisches Nuscheln

Liebe Fachidioten!

Jede Wissenschaft hat zunehmend das Problem, dass man dem österreichischen Steuerzahler oft nur schwer vermitteln kann, warum sein Geld besonders gut bei einem selbst aufgehoben ist. Die Kollegen von den Naturwissenschaften und der Technik haben es da leichter: da versteht zwar auch keiner, was die eigentlich im Labor oder in der Bastelstube treiben, aber solange sie in Aussicht stellen, dass sie eine Heilung für Krebs oder noch leistungsfähigere Computer (er)finden, ist alles in Butter.
Die Geisteswissenschaften, die ohnehin einen viel höheren Erklärungs- und Rechtfertigungsbedarf haben (Wos mocht's es überhaupst?), scheitern oft kläglich daran ihre Inhalte nach außen zu transportieren. Und nicht nur das: Selbst bei Konferenzen, die ausschließlich von Insidern besucht werden, sitzt man oft im Publikum und denkt an den nächsten Urlaub, weil sich wieder einmal der Schutzschalter im zentralen Rechenzentrum umgelegt hat, der die graue Masse vor hirnzersetzender Langeweile oder mentalakrobatischen Hochseilakten schützt. Während man also von Strand und Palmen träumt, nuschelt ein Kollege eine halbe Stunde vor sich hin. Und damit meine ich nicht unbedingt eine Sprachstörung, sondern was die Engländer GOBBLEDYGOOK nennen: "a speech or statement, often in very official, formal language, which seems like nonsense to you because you cannot understand it at all".
Das ganze wird auch noch dadurch erschwert, dass viele Kollegen moderne Präsentationstechniken und unser Dasein im Elfenbeinturm für unvereinbar halten. Warum sollte ich extra einen mündlichen Vortrag schreiben, wenn ich gleich den fertigen Artikel runterleiern kann? Dass das Ohr mit einer Informationsdichte und Satzkomplexität schnell überfordert ist, die für das Auge normal sind, scheint da niemanden zu stören. Einige halten wahrscheinlich PowerPoint für den Verkaufsstand eines Energydrinkherstellers im Supermarkt. Und die, die schon einmal davon gehört haben, meinen ganz abschätzig, dass man die Komplexität ihres Arguments kaum auf das Niveau eines Mediums drücken könne, dass einen zu einer endlosen Folge von Schlagworten und Schlagzeilen zwingt. Man kann von PowerPoint halten, was man will, aber es deckt sofort auf, ob man sich mit aufgeblasenen Formulierungen über einen Mangel an Substanz hinwegtäuschen möchte. Wenn der eigene Vortrag in PowerPoint funktioniert, kann man getrost wieder auf die Technik verzichten: dann passt er nämlich auch so. Aus unerklärlichen Gründen schwirrt die Unverständlichkeit der eigenen Ausssagen noch immer als besonderes Qualitätsmerkmal in den Köpfen der Kollegen herum. Wer nicht verstanden wird, muss super g'scheit sein. Bullshit! Wer es nicht schafft seine Arbeit in verständlichem Deutsch so zu erklären, dass jeder durchschnittlich Intelligente dabei mitkommt, der sollte sich ernsthaft Sorgen machen. Und zwar nicht, dass alle anderen bekloppt sind, sondern dass er in seinem Denken eine Richtung eingeschlagen hat, die schon sehr weit weg ist. Eine Arbeit in den Geisteswissenschaften muss den Hausverstandstest schaffen! Wenn wir uns schon das Menschsein als Untersuchungsgegenstand ausgesucht haben, dann sollten doch zumindest die Betroffenen, also unsere lieben Mitmenschen, verstehen können, worum es geht. Sie zahlen ja auch schließlich dafür, dass ich mich damit beschäftige.

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1 Comments:

At 6. Juni 2014 um 19:40, Anonymous Laserpointer said...

Ganz ehrlich, man sollte Prezi statt Powerpoint nutzen. Das vermittelt, hält wach und ist mal ganz anders. Es wirkt auch sehr viel Struktrierter und man kann besser dazu erzählen

 

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