Dienstag, 8. Mai 2007

Vanity Fair

Liebe Verunsicherte!

Kaum, dass jemand ein Mickey-Mouse Diplom der Uni Salzburg hat, schon scheint der Titel in allen nur erdenklichen Schriftstücken auf, von der E-Mail bis zum Handout für die eigenen Studienkollegen. Am Beginn eines jeden Gastvortrags muss man die fast obligatorische Litanei über sich ergehen lassen, in der der Veranstalter die großartigen Leistungen des Vortragenden in akribischer und hirnzermartender Detailverliebtheit runterbetet. Bei Fortbildungsveranstaltungen nimmt die Selbstbeweihräucherung mancher Vortragender kein Ende. Peinlich berührt wird man Zeuge, wie ein Auftritt bei den Regionalnachrichten SALZBURG HEUTE mit selbstgefälligem Grinsen und unverhohlenem Stolz präsentiert wird. Ein anderer streut ohne jeglichen Bezug die großen Errungenschaften seiner langjährigen Karriere ein: "Ich war ja maßgeblich an der Erstellung der Studienpläne für die Pädagogischen Akademien beteiligt." Oder: "Ich hatte ursprünglich Klavier studiert und wollte eigentlich professioneller Pianist werden, aber dann habe ich mich doch für den Bildungssektor entschieden." Manche Kollegen parken ihre teuren Autos direkt vor der Tür, damit auch ein jeder, der das Haus betreten will, fast zwangsläufig drüberstolpert. (Ist das Auto einmal in der Reparatur, wird der Leihwagen allerdings ordentlich auf einen abgelegenen Parkplatz gestellt.) Selbst bei Studentenfesten ist man nicht davor sicher, dass einem ein jeder reinwürgt, mit welchen Professoren er auf Du und Du ist, in welchen wichtigen Gremien er nicht drinnen sitzt, und was er nicht sonst noch alles im Leben erreicht hat.
Titel, Statussymbole, Connections, Geld, Aussehen und dergleichen mehr - jeder trägt am Jahrmarkt der Eitelkeiten seine (scheinbaren) Vorzüge zur Schau. Es ist also anzunehmen, dass sich die meisten Menschen davon beeindruckt zeigen und das Imponiergehabe nicht als peinlich empfinden.
Für mich ist Eitelkeit ein Zeichen von Unsicherheit oder zumindest ein Mittel diese vorübergehend zu überwinden. Anstatt direkt als Person zu wirken schiebe ich eine frühere Leistung als Schutzschild ein, das nach außen hin schön glänzt und hinter dem ich mich gleichzeitig verstecken kann.
Mit Kritik können die Eitlen nur sehr schwer umgehen, weil sie direkt dort trifft, wo sie die größte Schwäche zeigen: bei ihrem Selbstwertgefühl. Gegen harte, aber faire Kritik nützen die schön glänzenden Schutzschilde oft nur sehr wenig und es geht sofort auf die Substanz.
Ich habe, um es altmodisch auszudrücken, vor der Würde der Menschen sehr viel Respekt, aber nicht notwendigerweise vor Titeln, Statussymbolen, großen Auftritten und tollen Lebensläufen. Da bin ich immer besonders skeptisch, ob sich diese scheinbaren Lichtgestalten auch als Menschen bewähren. Ich glaube schon, dass man auf seine Leistungen stolz sein kann und darf, aber das ist eine Bestätigung für einen selbst und nicht ein Orden, den man jedem unter die Nase hält.

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