Mittwoch, 1. April 2009

Omas Softpornos

Liebe Krimifans!

Ja, auch ich stehe dazu mit schlüpfrigen Schlagzeilen Quote zu machen. Worum es mir heute geht ist die Tatsache, dass sich die Omas der Nation bevorzugt Banalromanzen (Rosamunde Pilcher etc.) und Krimiserien (Derrick, Columbo, Tatort etc.) ansehen. Die erste interessante Frage ist dabei: Was haben diese beiden Genres eigentlich gemeinsam, dass sie die selbe Zielgruppe ansprechen?
Obwohl Romanze und Detektivgeschichte oberflächlich sehr unterschiedlich sein können, entsprechen sie sich ideologisch punktgenau. Beide vermitteln eine konservative Weltordnung, die zwar vorübergehend gestört, am Ende aber immer wiederhergestellt wird. Die dahinterstehende Logik und Struktur ist dabei nicht wesentlich von der Kindergeschichte oder dem Märchen zu unterscheiden, die mit denselben Parametern operieren: der dunkle Wald, die Hexe, die böse Stiefmutter, der grausame Herrscher etc. bringen die schöne Ordnung vorübergehend durcheinander, aber am Ende passt alles wieder. Wenn es zu wild wird, fragen Kinder auch einmal nach: "Die Geschichte geht aber schon gut aus, oder?" Das Böse darf nämlich nur ein bisschen und nur vorrübergehend böse sein und muss am Ende den Triumph des Guten gesenkten Hauptes akzeptieren oder sogar - plötzlich bekehrt - sich diesem anschließen.

Das "Böse" in den Kindergeschichten für Erwachsene ist immer ein Bruch der christlichen Tugenden. Er muss einerseits abartig genug sein, um zu erschrecken, andererseits aber harmlos und leicht wieder unter Kontrolle zu bringen. Da aber die Sünde irgendwie doch spannend ist, musste sich schon der alternde Derrick jede zweite Folge in irgendwelchen Spelunken herumtreiben, wo mäßig begabte Schauspielerinnen verruchte Nutten darstellten und den armen Mann anbaggerten. "Harry, manchmal hasse ich meinen Job!"

An Sex und Violence darf sich die spießige Mittelschicht nämlich nicht direkt erfreuen, sondern muss immer den Anstand in Form eines Detektivs wahren. Der Einblick ins Rotlichtmilieu und in die 'Abgründe' der Menschheit - jedenfalls so, wie sich die Oma das vorstellt - ist immer spannend, so wie der erste Blick des pubertierenden Teenagers in den Playboy: ein bisschen nackte Haut, ein bisschen heimlicher Sex, ein bisschen Gift in den Cocktail, ein bisschen Schlägerei - alles darf in der Intention böse, und muss in der Darstellung harmlos sein.

In diesem Sinn besteht für mich wenig Unterschied zwischen den eigentlich Softpornos, die nur der Papa spät abends anschaut, wenn die Mama schon im Bett ist, und den noch softeren Varianten im Hauptabendprogramm, die beide schauen dürfen. Immer ist es ein Spiel mit den Grenzen, die vorübergehend überschritten werden. Wenn aber einmal ein Regisseur sich erdreistet und einen Schauspieler seinen Pimmel in die Kamera halten lässt, dann bricht die Welt zusammen. Dann formieren sich die christlichen Fundamentalisten und verdammen derartige Perversionen. Aber genau genommen ist es oft nur eine explizite Darstellung dessen, was sie sich sowieso täglich reinziehen. Also: andeuten darf man vieles, zeigen aber nur weniges.

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