Mittwoch, 26. März 2008

Die Österreicher

Liebe Eingeborene!

Ma kau mehr dasitzn ois darenna. Mit dieser Weisheit hörte mein letzter Blog-Eintrag auf und so soll dieser beginnen. Nirgendwo ist die österreichische Gemütlichkeit und Unbeweglichkeit so fehl am Platz wie in einem modernen Arbeitsumfeld. Professionalität ist eine Tugend, mit der der Österreicher als genetisch programmierter Beamter nichts anfangen kann. Er will lieber bis ans Ende seiner Tage "a bissl wos weidabringa" und den Rest der Zeit mit der Gesamtsituation unzufrieden sein. Sudern, Nörgeln, Raunzen, Jammern und Lästern sind seine liebsten Beschäftigungen - im Prinzip eigentlich nur eine in unterschiedlichen Ausprägungsformen. Der weitverbreitete Phlegmatismus wird nur von kurzen, dafür heftigen cholerischen Anfällen durchbrochen.
Der Österreicher ergibt sich gerne seinem Schicksal, da er nicht an die Veränderbarkeit der Welt glaubt. Er neidet dem Dietrich Mateschitz, wie allen Erfolgreichen, seinen American Dream, besonders weil dieser im Weltbild des Österreichers gar nicht vorkommt bzw. nicht vorkommen darf. Fleiß und Zielstrebigkeit werden schon im Kindesalter von Mitschülern als unösterreichisch und anbiederisch empfunden. Mit Leistung schleimt man sich nur bei Lehrern und Vorgesetzten ein, hat aber keinen intrinsischen Wert. Solange man mit Schludern, Schummeln und Kompromisslösungen durchkommt, sind Anstregung und Eigeninitiative unnötige, um nicht zu sagen suspekte Aktivitäten.
Die Borniertheit des Österreichers ist überall dort nicht so schlimm, wo er keine Verantwortung tragen muss. Es besteht aber leider auch in Österreich die Notwendigkeit Entscheidungen zu treffen oder sogar Weichen für die Zukunft zu stellen. Unsere Herrn Bundeskanzler und Vizekanzler sind Paradebeispiele dafür, was in Österreich generell nicht funktioniert.

Erstens glauben Gusenbauer und Molterer, dass der Arbeitsplatz ein Ort ist, um seine Befindlichkeiten zu artikulieren. Wenn unsere Sekretärinnen stundenlang am Gang ihre alltäglichen Erlebnisse und Frustrationen austauschen, entsteht zwar auch wirtschaftlicher Schaden, aber es ist nicht gleich das ganze Land betroffen. Unsere Politiker hingegen streiten seit einem Jahr ganz offen, weil die Schwarzen Gusenbauer insgeheim für einen usurpatorischen Wappler und die Roten Schüssel und Konsorten für arrogante A***löcher halten, um es endlich einmal auf den Punkt zu bringen. Professionalität bedeutet aber, dass man in eine Rolle schlüpft und Gefühle sowie Befindlichkeiten draußen hält.

Zweitens mangelt es beiden an Souveränität, Charisma und Klasse. Die Umgangsweise der Politiker spiegelt auf traurige und tragische Weise immer noch wider, wo sie eigentlich herkommen: das engstirnige Milieu, das in Österreich auf Lebenszeit prägt. So viel edlen Rotwein kann Gusenbauer gar nicht saufen, um sich von der Stammtischmentalität seines Denkens zu befreien und Molterer wird auf ewig den dickschädeligen Bauern in sich mittragen. Da helfen weder Studium, feine Anzüge noch schwere Autos.

Drittens fehlt es ihnen an Visionen. Schüssel verlor 2006 die Wahl, weil er sich selbst zum Sonnenkönig eines paradiesischen Österreichs erklärte, in dem, seiner Meinung nach, kein Handlungsbedarf mehr bestand. Der ÖVP Wahlkampf hatte keine Inhalte, außer Wolfi, den Wunderzwerg, in Szene zu setzen. Die SPÖ war einfach dagegen: gegen Eurofighter, gegen Studiengebühren, gegen Steuern, gegen alles. Konstruktive Vorschläge waren ebenfalls keine dabei. Wen wundert es also, dass jetzt nichts passiert, wo doch beide Parteien schon im Vorhinein klar machten, dass sie keine Ideen hatten. Sie sind einfach nur konsequent.

Meiner Meinung nach sind die Politiker gar nicht schuld an der Misere. Solange die Österreicher sich immer und überall nur mit Mittelmäßigkeit zufrieden geben, werden auch die Politiker uns vor Augen halten, was Mittelmäßigkeit wirklich bedeutet.

Labels: