Montag, 29. November 2010

Das ewige Leben

Liebe Gläubige,
die Katholische Kirche ist mittlerweile in eine groß angelegte, öffentliche, und scheinbar nie endenwollende Debatte über Sex verstrickt: Darf der Papst Kondome essen? Und wenn ja, verliert er dann seinen direkten Draht nach oben? Wie oft darf der Pfarrer mit seinen Minstranten pro Woche schlafen? Die Konservativen sagen nur einmal, wegen der Enthaltsamkeit. Die Progressiven meinen egal, Hauptsache es sind Ministrantinnen, denn Homosexualität ist Teufelswerk. Darf der Pfarrer seine Frau als Köchin einstellen, oder muss die Frau erst Köchin sein, bevor sie Frau Pfarrer werden darf? Dürfen Päderasten Priester werden, wenn sie versprechen, dass sie im Seminar enthaltsam leben? 24/7. Rund um die Uhr.

Erstaunlich dabei ist, dass eine der wichtigsten Fragen überhaupt nie besprochen wird, weder in den Kirchen selbst noch in der Öffentlichkeit: nämlich das ewige Leben. Es wird so getan, als würde es sowieso jedem einleuchten, dass die größtmögliche Belohnung nur die unbegrenzte Lebenszeit in der Gegenwart Gottes sein kann. Es ist für die meisten Christen daher unmöglich, die offizielle Ansicht der Kirchen zum ewigen Leben wiederzugeben, weil eben niemand darüber spricht und die Faktenlage im Dunkeln bleibt. Dabei gebe es so viele Punkte zu klären, gerade jetzt, da der Papst die Vorhölle abgeschafft hat:

1) In welcher Form existiert wer warum wo weiter nach dem Tod ?
2) Gibt es das Fegefeuer noch? (oder hat das Benefiz der Krächzende auch schon abgeschafft)
Und wenn ja, wer muss da wie lange rein und warum?
3) Darf ich meinen eigenen Körper behalten? Und wenn ja, den alten, wenn ich sterbe, oder meinen regenerierten jungen Körper? Darf ich mir das Alter aussuchen? Sind dann alle 15 oder 35? (Das macht einen riesigen Unterschied.) Oder kriege ich einen ganz anderen Körper? Oder gar keinen? Lebe ich dann als Seele oder Geist weiter?
4) Kann ich im Jenseits meine Familie treffen? Und wenn ja, in welcher Form? Wie erkenne ich die wieder?
5) Ist es nicht fürchterlich unübersichtlich, wenn da Milliarden Menschen, Seelen, oder was auch immer herumirren?
6) Gibt es das Jüngste Gericht noch? Und wenn ja, was passiert dort genau? Kann man sich einen Anwalt nehmen? Wie lange dauert die Anhörung pro Person? Was passiert mit den Menschen, die am Tag des Jüngsten Gerichts auf der Erde leben? In welcher Form exitieren die Toten bis zum Tag des Jüngsten Gerichts? Und danach? Gibt es da großangelegte Transformationen? etc.

Tausende Fragen und keine Antworten. Wo sind wir, bevor wir gezeugt werden? Warum entscheidet ein Millionstel Bruchteil einer Sekunde (unsere Lebenszeit auf Erden in Relation zur Gesamtlebenszeit, die ja ewig ist) über unser Schicksal im Jenseits?
Warum ist die Erde wie ein Kinderspielplatz für 3-jährige, auf dem die Kindergärtnerin sündteure chinesische Vasen aufgestellt hat, um dann verhalten in die tobende Menge zu flüstern: "Wer eine kaputtmacht, muss auf Lebenszeit auf der Bank sitzen und Buße tun!"  

Ich vermute einmal, dass es auf die wirklich wichtigen Fragen keine vernünftigen Antworten gibt. Deshalb reden wir lieber weiterhin darüber, ob männliche Prostituierte unter Umständen Kondome verwenden dürfen, um auf dem Weg zur Einsicht größere Verantwortung für sich selbst und ihre Umwelt übernehmen zu können. Da hat sich der Benefiz schon weit aus dem Fenster gelehnt. Wenn der so weiter macht, behauptet er bald, dass die Wandlung ein symbolischer Akt ist und nicht Zauberei. Aber da würde er den protestantischen Katholiken eine zu große Freude machen. Bleiben wir lieber realistisch.

Freitag, 26. November 2010

Land der Titel

Liebe Pfalzgrafen,

im Ausland macht man sich gerne über des Österreichers Liebe zu Titeln lustig (Spiegel).
Und das zu Recht. So wird die Friseuse, die sich einen Zahnarzt angelacht hat, in der Bäckerei als "Frau Doktor" angesprochen. Dass der Herr Doktor akademisch gesehen ein Magister ist, soll hier nur am Rande erwähnt werden. Ebenso, dass die AHS-Lehrer, die auch nur Magister sind, mit "Professor" angesprochen werden wollen. Ist aber egal, denn in Österreich dürfen auch Politiker den Professorentitel vergeben, was dazu führt, dass Prof. Karl Moik und Prof. Udo Jürgens ebenfalls in den Genuss kamen.
Österreich ist ein Land der Titel, in denen jeder Beamte - vom Strassenkehrer angefangen - im Laufe seiner Karriere eine Vielzahl von Titeln durchläuft, vom Besenführer bis zum Oberputzhofmeister. Dass die Bezeichnung Hofrat aus der Kaiserzeit stammt, scheint jene aufrechten Demokraten nicht sonderlich zu stören, die ebensolchen verliehen bekommen haben. Im Moment sind es offiziell 869 Titel, die die Republik für ihre lieben Untertanen vorsieht.
Leider muss der Österreicher hin und wieder mit der Zeit gehen und diese unselige Modernisierung macht auch nicht vor den Titeln halt. Dies führt zu der kuriosen Situation, dass viele Titel heutzutage auf Englisch sind, die Bezeichnungen aber nicht weniger absurd als vormals erscheinen. Die Volksschullehrerinnen sind jetzt "Bachelors of Education", vormals "Diplompädagoginnen", weil sie ein Universitätsstudium abgelegt haben. Sicher. AHS Lehrer im Unidienst bekommen bei Dienstantritt den Titel "Senior Lecturer", der im englischsprachigen Ausland nur Dozenten vorbehalten ist. Deshalb hege ich große Hoffnungen, dass ich es selbst noch zum Pfalzgrafen, Vizekönig, oder Flottenadmiral bringen werde. Denn das ist nicht weniger absurd als Kommerzialrat oder Kammerschauspieler.        
   

Donnerstag, 25. November 2010

Rainald Grebe

Liebe Humoristen,

ein englisches Sprichwort besagt: "German humour is no laughing matter." Das ist wie viele andere Vorurteile so natürlich nicht richtig. Deutschland hat zum Beispiel ausgezeichnete politische Kabarettisten, die regelmäßig in der ZDF Satiresendung "Neues aus der Anstalt" auftreten: Urban Priol, Georg Schramm, Hagen Rether, Volker Pispers, und auch Rainald Grebe. Letzerer wurde vor ein paar Jahren durch "NightWash" einem breiteren Publikum bekannt. Während Grebe am Anfang wild herumexperimentierte und vor allem seinen Anarcho-Humor zur Schau stellte, ist der gute Mann in den letzten Jahren nicht nur immer besser geworden, sondern auch viel politischer. Als Beispiel dafür möchte ich "Der Kandidat" aus seinem Album HONGKONGKONZERT (2009) anführen, das er in der letzten Folge von "Neues aus der Anstalt" (http://anstalt.zdf.de/; 16.11.2010) zum Besten gab:



Für mich ist das ganz große Kunst, denn oberflächlich passiert hier nicht viel Tiefgründiges. Je öfter man sich das aber ansieht, desto besser versteht man, wie geschickt Grebe hier die Figur zum Leben erweckt, oft mit Kleinigkeiten. Bevor ich jetzt aber anfange oberlehrerhaft irgendetwas zu erklären, kann jeder für sich selbst rausfinden, was er oder sie davon hält.

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Dienstag, 16. November 2010

Das Pyramidenspiel

Liebe Glücksspieler,

vor vielen Jahrzehnten hatten ein paar findige Österreicher eine Spitzenidee: sie wollten nicht mehr selbst für ihre Pensions- und Krankenkosten aufkommen, sondern lieber ihre Kinder dafür zahlen lassen.  Für jedes Kind, dem das System nicht sofort einleuchtete, hatte man ein paar super Erklärungen:
Wenn du einmal alt und krank bist, wirst auch du kostenlos rundumversorgt, wenn du die Rechnung einfach an deine Kinder weiterreichst.
Und wenn ich keine Kinder habe?
Auch egal, wir sprechen ja nur metaphorisch. Du musst einfach ein paar Deppen finden, die dich durchfinanzieren und diese müssen sich wieder welche suchen, die dann wiederum für sie sorgen.
Ist das nicht ein Pyramidensystem?
Pyramidensystem ist so ein schreckliches Wort: Wir nennen es lieber Generationenvertrag. Jede neue Generation sorgt für die Generation davor.
Das heißt, dass jeder neue Staatsbürger schon bei Geburt einen riesigen Schuldenberg auf sich lasten hat?
Du siehst das alles zu negativ. Betrachte es einmal von der christlichen Seite: Geben ist seliger denn Nehmen. Wer gibt, dem wird auch genommen werden. Steht alles in der Bibel.
Ja, aber was ist, wenn die Kinder einmal nicht mehr mitspielen wollen, wenn der ganze Betrug auffliegt?
Kein Problem, wir machen einfach ein Gesetz daraus. Dann kann sich niemand wehren und jede neue Generation zieht per Gesetz die Arschkarte.

In dieser und den nächsten Generationen gab es einige, die die wahren Möglichkeiten des Systems erst so richtig durchschauten. Denn sobald die Umverteilungsmaschine einmal lief, konnte man, wenn man geschickt war, super davon profitieren.
Ein paar einfache Überlegungen:
1) Wer länger arbeitet ist immer der Dumme.
2) Wer früher in Pension geht, muss weniger einzahlen und bekommt viel mehr heraus.
3) Wer einen möglichst hohen Prozentsatz seines Endgehaltes als Pension bekommt, profitiert überproportional von diesem System.
4) Wenn man sich das eigene Gehalt und die davon abhängige Pension selbst festsetzen darf, kann man nur gewinnen.                        
Also machten sich Politiker und höhere Beamte munter ans Werk und erfanden immer neue Zuckerl für sich und ihre Freunde: garantierte Rundumversorgung durch Verbeamtung, Pensionen ab 50 ohne Abschläge, 80% des Endgehalts als Pension, Spitzenkrankenversorgung für jeden kostenlos etc. 

Das System begann zu kippen, noch bevor es so richtig anfing zu laufen. Anstatt an den Stellschrauben etwas zu verändern, kippte man einfach oben noch mehr Geld rein. Also setzte man die Pensionsbeiträge hinauf. Als das auch nichts mehr brachte, fing man an, zusätzliche Steuermittel aus dem allgemeinen Budget zuzuschießen - an die 10 Milliarden Euro im Moment. Durch die Geburtenrückgänge verringert sich die arbeitende Bevölkerung aber drastisch. Die Jüngeren müssen für immer weniger Geld immer mehr arbeiten. Im Jahr 2025 wird es so viele Pensionisten wie Erwerbstätige geben. Also geht man jetzt dazu über verstärkt Frauen in die Arbeitswelt zu integrieren, damit die Umverteilungsmaschine nicht zu stottern beginnt.

Denn an den Grundeinstellungen der Maschine darf nichts verändert werden, denn die ist heilig. Das ist der heilige und ewiggültige Generationenvertrag, den unsere Urahnen vor langer Zeit unterzeichnet haben. Da die Schuldner nicht selbst unterschreiben konnten, weil sie noch nicht geboren waren, hat Gott selbst seine Signatur daruntergesetzt, in goldenen Schriftzeichen. Wer es nicht glaubt, kann sich das Dokument in der Nationalbibliothek hinter Panzerglas ansehen. Denn wie heißt es im Buch der Renten, Kapitel 2, Vers 6-7: "Bevor ich einen Reichen durch ein Nadelöhr gehen sehe, sollen lieber tausende unterjocht sein und Staub fressen. So spricht der Herr."         

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Montag, 8. November 2010

cooking chef

Liebe Küchenchefs,

im letzten METRO-Prospekt stolperte ich über folgende Ankündigung:

Die heißeste KÜCHEN-INNOVATION 2010
Sie mixt, rührt + DAMPFGART + KOCHT für Sie!

Für schlappe € 1200 holt man sich mit dem KENWOOD Cooking Chef - so heißt das Teil auf Deutsch - einen wahren Alleskönner in die heimische Küche. "Egal ob Risotto, Bechamel Sauce oder Mousse au Chocolat - der neue KENWOOD Cooking Chef übernimmt  das Rühren und sogar Kochen für Sie und bereitet alles fertig zu."
Als Mann bin ich zuerst einmal beeindruckt, denn ich schaffe es meistens nicht einmal eine einzige Sache zur selben Zeit ordentlich zu erledigen. Der Cooking Chef wurde also offensichtlich von weiblichen multitaskingbegeisterten Ingenieuren designt. Obwohl ich nichts vom Kochen verstehe, wundere ich mich dann doch, bei welcher Zubereitung die Arbeitsschritte (1) Mixen (2) Rühren (3) Dampfgaren und (4) Kochen zur selben Zeit oder, als Alternative, hintereinander gefragt sind. Oder handelt es sich einfach um ein Hybridprodukt aus Mixer und Kelomat, das man abwechselnd für völlig unterschiedliche Arbeitsschritte hernimmt? Frank, wieso?
Bevor ich zu sehr ins Grübeln komme, fällt mir folgender Bescheibungstext auf: "kraftvolles planetarisches Rührsystem mit 1.500 Watt". Ein "planetarisches Rührsystem" lässt natürlich mein Herz höher schlagen und entspricht zu 100% Tim "The Tool Man" Taylors Ruf nach "Mehr Power!". Mit der Kraft der Planeten Kuchenteig zu rühren ist natürlich auch mein persönlicher Wunschtraum. Doch bevor ich noch recht dazukomme über geothermale Teigmischmaschinen in der Größenordnung von Kleinlastwagen nachzudenken, fällt mein Blick auf das Kleingedruckte: die Rührelemente bewegen sich wie auf Planetenbahnen, wodurch die Masse viel konsequenter durchgeknetet wird als bei herkömmlichen Mixern. Na super! Da wurden wieder einmal große Worte leichtfertig in den Mund genommen.

Meine Vermutung ist, dass KENWOOD bereits mit Loriot in Verhandlung ist, um die Patentrechte für den Heinzelmann zu erwerben: "Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur saugen kann." Denn was begehrt das hausfräuliche Herz mehr als eine Staubsauger/Trockenhaube-Kombination. Dazu noch den Cooking Chef und die Mutti schwelgt im Glück. Da werden Weihnachten die großen Glückstränen kullern!                    

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