Mittwoch, 21. Jänner 2009

Pensionen

Liebe Pensionisten!

Zuerst einmal ein paar Fakten: Österreich gibt ca. 15% seines Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Pensionen aus. Wenn man weiß, dass unser BIP 300 Milliarden EURO beträgt, dann kommt man auf die stattliche Summe von 45 Milliarden Euro. Das entspricht genau 60% der Sozialversicherungsabgaben, über die ja Pensionen finanziert werden. Nur zum Vergleich: wir geben ein Drittel dieser Summe, also 5% des BIP oder 15 Miliarden EURO, für Bildung aus. Zugespitzt könnte man sagen, dass wir drei Mal so viel Geld in die Vergangenheit als in die Zukunft investieren. Aber nun zur zentralen Frage: Warum müssen wir überhaupt so viel Geld dafür aufwenden?

Wieder ein paar Zahlen: In Österreich sind von den 55-59-jährigen nur mehr 40% berufstätig und von den 60-64-jährigen nur mehr 10%. Das offizielle Pensionsantrittsalter beträgt 65 Jahre. Auf 1000 Erwerbstätige kommen 640 Pensionisten. Es werden jedes Monat in Österreich 2 Millionen Pensionen ausgezahlt, die im Schnitt 1400 EURO ausmachen. Beamte, aber auch andere Berufsgruppen, bekommen 80% ihres Endgehaltes (!) als Pension ausgezahlt. Seit 1970 hat sich die Pensionsbezugsdauer der Männer um 400% gesteigert, die der Frauen um 200%.

Als man nämlich das System einführte, dass nicht jeder seine Pension, sondern die seines Opas bezahlt, wurde der Opa auch nur 65 Jahre alt. Wer hätte denn vor 50 Jahren schon wissen können, dass die Medizin einmal solche Fortschritte machen würde. Damals gab es das ja alles noch nicht. Hinzu kommt noch, dass man nach dem Krieg vielen kein ordentliches Einkommen zahlen konnte. Deshalb versprach man ihnen eine totale soziale Absicherung bis zum Tod. Gerade die Beamten verdienten nur einen Bruchteil dessen, was in der Privatwirtschaft zu holen war. Deshalb musste man andere Anreize schaffen, wie z.B. Pragmatisierung und 80% Pension.

Das lustige an diesem Pensionssystem ist ja auch noch, dass kleine Einkommen und besonders Frauen extrem benachteiligt sind. Es kriegt nämlich nicht jeder seine 1400 EURO, sondern die meisten nur ein paar Hunderter, während eine erstaunlich große Zahl ein paar Tausender Pension bekommt. Leider findet man dazu keine Statistik, weil es sonst, verständlicherweise, soziale Unruhen geben würde.

Jetzt stellen sich unsere obersten Pensionistenvertreter, Karl Blecha und Andreas Khol, auch noch hin und beklagen sich, dass der Staat zu wenig Pension auszahlt, weil so viele Frauen und sozial Benachteiligte mit Mindestpensionen auskommen müssen. Das bringt aber zwei Sachverhalte zusammen, die nichts miteinander zu tun haben. Der Staat gibt Unsummen für Pensionen aus und trotzdem geht es vielen Pensionisten schlecht. Das liegt aber daran, dass viele Staatsdiener astronomische Pensionen beziehen und eine permanente Umverteilung von unten nach oben stattfindet.

Deshalb habe ich eine konkrete Forderung: wer mehr als 2000 EURO netto Pension im Monat bezieht, zahlt gestaffelt einen Solidarbeitrag für die armen Pensionisten. Dann bin ich mal gespannt, wie viel den Herren Blecha und Khol die arme Pensionistin mit ein paar hundert EURo im Monat noch wert ist.

Labels:

Freitag, 16. Jänner 2009

Einheitsgeschmack

Liebe IKEAner!

Während Eva zielstrebig die Einkaufsliste abarbeitet und mich in regelmäßigen Abständen zu mehr Einsatzfreude und Tempo ermahnt, latsche ich gemächlich und etwas verloren durch die weiten Gänge des IKEA Einrichtungshauses. In der "Dekoration & Spiegel" Abteilung bleibe ich dann jedes Mal kurz stehen und denke immer über ein und die selbe Sache nach: Woher wissen die Schweden, was sich Österreicher gerne ins Wohnzimmer hängen? Oder gibt es gar keine länderspezifischen Motive? Hängen also von Oslo bis China in allen IKEA Wohnzimmern dieser Welt genau die selben Bilder?

Klickt man sich von ikea.com ausgehend bis zu den relevanten Seiten der schwedischen und chinesischen Niederlassungen durch, die da "Dekoration & speglar" bzw. 装饰品和镜子 heißen, kommt man zu dem verblüffenden Ergebnis, dass dies tatsächlich zutrifft. Das wirft für mich eine noch viel interessantere Frage auf: Woher wissen die Schweden, was sich die gesamte Menschheit (zumindest theoretisch) gerne ins Wohnzimmer hängt?

Wie die meisten großen Firmen wird auch IKEA seine Produkte testen lassen. Ich stelle mir jetzt einfach einmal vor, wie in diversen Meinungsforschungsinstituten dieser Welt ganze Heerscharen von Studenten sitzen und sich durch hunderte Motive clicken, die sie mit "ansprechend", "na ja" und "igitt" beurteilen müssen. Vor ihnen ein großer Monitor und in Griffweite drei Buttons: A, B oder C. So filtert man schließlich die 40 Motive raus, die die größtmögliche Masse von Testpersonen schön findet. Um Kunst geht es ja nicht, den der Überbegriff lautet "Wanddekoration" und das Motiv muss einfach nur gefallen. Und das Verblüffende: die Bilder gefallen ja auch alle irgendwie. Obwohl es sich offensichtlich um den kleinsten gemeinsamen Nenner der Weltöffentlichkeit in Bezug auf ästhetische Wahrnehmung handelt, sind manche Motive richtig schön anzusehen. Bedeutet das jetzt, dass wir Menschen bis zu einem gewissen Grad alle den selben Geschmack haben? Und wenn ja, ist der dann angeboren?
Hmmm. Jetzt bräuchte man einen Ästhetikexperten, der solche Fragen beantworten kann. Warum mag die ganze Welt Mozart, hängt sich van Gogh übers Sofa und findet Brangelina ganz toll? Warum verkaufen sich Filme, Zeitschriften, Songs etc. in die ganze Welt, obwohl sie eigentlich aus einem ganz bestimmten Kulturkreis kommen?

"Schatz, können wir zur Kassa gehen?"
"Ja, ja, ich bin schon unterwegs."

Labels:

Mittwoch, 14. Jänner 2009

Die Wunder der Medizin

Liebe Patienten!

Nach jahrelanger, um nicht zu sagen jahrzehntelanger Abstinenz sah ich mich Ende 2008 schließlich doch um einen Hausarzt in Salzburg um und nahm auch gleich noch eine Gesundenuntersuchung in Angriff. Als dann die Laborberichte vorlagen und sich mein neuer Leibarzt auf die Zahlenkolonnen konzentrierte, drängte sich mir der Verdacht auf, dass zwischen dem Herauslesen eines Krankenbildes oder eines Schicksalsschlags aus Zahlen oder aber aus Kaffeesatz oder dem Flug der Vögel prinzipiell sehr wenig Unterschied besteht.

Wieso ist es glaubwürdiger, wenn ein moderner Arzt auf einen Computerausdruck starrt, um in mich hineinzusehen als wenn ein römischer Augur vor 2000 Jahren den Vogelflug dafür studierte? In beiden Fällen verstehe ich als Laie sowieso nicht, was da vor sich geht und muss auf die magischen Fähigkeiten der Experten hoffen.

Jetzt werden natürlich die Anhänger der Schulmedizin laut aufschreien: Laborergebnisse sind doch Fakten! Da kann es keinen Irrtum geben. Jedenfalls teilte mir der Hausarzt mit, dass ich völlig gesund sei. Daraufhin erzählte ich ihm, dass ich zu einer Art internen Überhitzung neige. Wenn also mein Stoffwechsel hochfährt, habe ich einen überproportionalen Wärmestau im Brustraum, den ich erst wieder durch äußere Abkühlung los werde. Das liege wahrscheinlich an der Überfunktion der Sowiesodrüse, die in der Grunduntersuchung nicht überprüft wird, sagte der Arzt, was einen neuen Bluttest erfordere. Eine Woche später bescheinigte mir das neue Laborergebnis einen absoluten Idealwert. "Es gibt gar kein besseres Ergebnis für diesen Wert als dieses", meinte der Arzt. Toll, aber was ist mit meiner unangenehmen inneren Überhitzung? Das könne man aufgrund der Untersuchungen nicht sagen. Das ist halt einfach so. Oder anders gesagt: meine Untersuchungsmethoden können das, was Sie haben, nicht abbilden. Das Blut hat zwar überall sein Hämoglobin im Spiel, kriegt aber nicht unbedingt alles mit, was im Körper so abgeht. Ein Röntgen hilft da auch wenig.
Also gut, dann ist das halt einfach so.

Kurze Zeit später habe ich Grippe, aber der Husten bleibt. Der Hausarzt verschreibt ein schleimlösendes Mittel, das in drei bis vier Tagen eine deutliche Besserung herbeiführt, was es dann aber nicht tut. Danach bekomme ich ein Antibiotikum, das jetzt helfen muss, weil dann weiß ich auch nicht mehr, was das sein soll. Sagt er nicht, lässt sich's aber anmerken. Das Mittel hilft bedingt, aber ein Resthusten bleibt.

Also schleppte ich mich diese Woche zum Lungenfacharzt. Nach zahlreichen Tests, wurde ich dann zum Doktor vorgelassen. Dieser begann seine Ausführungen (wortwörtlich!) folgendermaßen: "Sie müssen wissen, die Medizin ist keine Naturwissenschaft. Natürlich haben wir Behandlungsmethoden, aber jeder Mensch ist anders. Da spielen so viele Faktoren rein, dass man oft nur vermuten kann, was da wirklich dahinter steckt. In Ihrem Fall ist es so, dass sie eigentlich Asthma haben. Warum Sie aber 10 Jahre ohne Symptome gelebt haben, kann ich auch nicht sagen. Ihre Lungenkapillare sind nur mehr zu 50 % einsatzfähig. So viel steht fest. Wir probieren es jetzt einfach einmal mit einem Spray für 8 Wochen. Dann kommen Sie wieder und wir schauen, ob sich etwas verändert hat." So spricht der Experte.

Mir geht es jetzt überhaupt nicht darum die Schulmedizin schlecht zu reden und alle zum Schamanen oder Wunderheiler zu schicken, aber die Diagnose- und Behandlungsmethoden sind auch in der heutigen Zeit limitiert. Wenn man nicht genau einem der klassischen Krankheitsbilder oder Patientenprofile entspricht, wird es schon spannend. Dann testen die Ärzte einfach alles durch und hoffen, dass irgendetwas hilft.
Vielleicht gehe ich ja sogar in die Geschichte der Medizin ein - als Asthmapatient, der keines hat.