Freitag, 27. August 2010

Ist diese Bundesregierung göttlich?

Liebe Politikverdrossene!

Eine witzige Kolumne von Alexander Purger in den heutigen Salzburger Nachrichten (27. August 2010, S.3):

Heureka! Wir haben es. Endlich. Seit Jahrzehnten zerbricht sich Österreich ja den Kopf darüber, wie eigentlich diese Große Koalition funktioniert. Wie es so etwas überhaupt geben kann.
Am Mittwoch zum Beispiel: Da sitzen der SPÖ-Vorsitzende und der ÖVP-Obmann Schulter an Schulter auf der Regierungsbank, wollen beim Budget jeder das genaue Gegenteil vom anderen, vertreten es aber gemeinsam gegenüber dem Nationalrat. Wie geht das? Wie ist so etwas denkmöglich? Man verzweifelt beim Nachdenken.
Oder nehmen wir das Thema Bildung: Die SPÖ ist für die Gesamtschule, die ÖVP ist dagegen. Die SPÖ ist gegen Studiengebühren, die ÖVP ist dafür. Und dennoch betreiben beide Parteien seit 1945 eine gemeinsame Bildungspolitik. Wie kann es so etwas geben? Wie funktioniert das nur? Die Antwort auf diese bohrende Frage liegt im 15. Jahrhundert. Damals entwickelte der deutsche Theologe und Philosoph Nikolaus von Kues seine Lehre von der "coincidentia oppositorum", vom Zusammenfall der Gegensätze. Laut dieser Lehre sind Gegensätze eigentlich nichts anderes als ein menschlicher Denkdefekt. Wie Kues schreibt, verharren wir Menschen in unserer "docta ignorantia", in unserer gelehrten Unwissenheit, weil wir nur in Gegensätzen denken können, während in Wahrheit alle Gegensätze zusammenfallen - und zwar in Gott.
Das ist laut Kues auch der Grund, warum wir Gott in seiner Gesamtheit nie begreifen können. Weil wir eben in Gegensätzen - in Ja oder Nein, in Schwarz oder Weiß - denken und daher Gott, in dem alle Gegensätze vereint sind, mit dem Verstand nicht erreichen. Das bedeutet, um wieder auf die Große Koalition zurückzukommen, im logischen Umkehrschluss: Da wir die aktuelle Bundesregierung mit unserem Verstand nicht erreichen, muss sie göttlich sein. Und richtig: Sie ist es, denn in ihr fallen ja - wie eingangs beschrieben - alle Gegensätze zusammen.
Nach dieser (in aller Bescheidenheit) sensationellen Entdeckung muss die Geschichte der Gegenwart neu geschrieben werden. Bisher hat man das Göttliche am Kabinett Faymann I ja nicht so wahrgenommen, aber bei genauerer Betrachtung ...
Bei genauerer Betrachtung fallen alle diese scheinbaren Gegensätze - Faymann und Pröll, Rot und Schwarz, einnahmenseitig und ausgabenseitig, Dies und Das, Ping und Pong, Fritz Kaltenegger und Laura Rudas – , bei genauerer Betrachtung fallen alle diese Gegensatzpaare zusammen, lösen sich wundersam auf und weichen einer wahrhaft himmlischen, göttlichen Harmonie. Und das Allerschönste daran: Das Göttliche währt ewig. Schnurr.

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Donnerstag, 26. August 2010

Die Finanzbranche

Liebe Bankiers!

Vielleicht beginne ich mit ein paar Anekdoten.

Anekdote 1:
Vor einigen Jahren war ich bei der Salzburger OVB Filiale, um an einer Einschulung für neue Mitarbeiter teilzunehmen. (Wie ich da hinkam, ist eine andere Geschichte.) Dort landen nur die schlimmsten Desperados, die es sonst im Leben zu nichts gebracht haben. Unser Ausbildner bläute uns zwei Dinge ein:

1) Das Geld liegt auf der Straße - man muss es sich nur holen!
2) Immer Anzüge tragen, damit man seriös wirkt.

Mein Fazit: Keilerei auf ekligstem Niveau.

Anekdote 2:
Da meine Frau und ich manche Versicherungen doppelt hatten, entschlossen wir uns mich bei ihr mitzuversichern und meine eigenen aufzulösen (waren auch viel weniger). Dadurch durfte ich zum ersten Mal in meinem Leben an einem Kundengespräch in einer RaiKa Filiale teilnehmen. Da wir uns im Vorfeld schon informiert hatten und die Mitarbeiterin alle Verträge vorliegen hatte, ging das Unterzeichnen relativ schnell. Die Bankangestellte nutzte die Gelegenheit nun dazu, in ein Beratungsgespräch überzuleiten, was meine Frau noch alles mit ihrem Geld anfangen könnte. Zu meiner großen Überraschung machte sie eine Seite auf, in der alle Finanztransaktionen meiner Frau, die der Bank bekannt waren, schön systematisch aufgeschlüsselt waren. Das waren fast alle, denn ihr Konto ist auch bei Raiffeisen. Dann kamen so lustige Fragen, wie etwa: Warum überweisen Sie der Bank X den Betrag Y jedes Monat? Einfache Antwort: Eure Finanzprodukte sind halt viel schlechter in diesem Bereich. Interessantes Kommentar: Ja schon, aber die Bank X ist fast pleite und wird vom Staat gestützt und gewährt trotzdem höhere Zinsen als der Durchschnitt. Verlockende Antwort: Sollen wir aus Mitleid mit dem Raiffeisen Verband das Geld lieber bei euch lassen und unter der Inflationsrate anlegen?

Mein Fazit: Keilerei hinter der Fassade seriösen Bankwesens. Damit es dem Raiffeisen Verband gut geht, müssen wahrscheinlich zigtausende Omas im Land ordentlich abgezockt werden.

Ankedote 3:
Eine gute Bekannte arbeitet bei der Sparkasse, einer weiteren dieser schrecklichen Hausbanken. Da ich dort vor ein paar Jahren eine kleinere Summe Geld in einen Fond einzahlte, komme ich einmal im Jahr vorbei, um über diesen zu sprechen. Das letzte Mal hatte sie ein ungewöhnliches Anliegen: Die Finanzaufsichtsbehörde hätte jetzt strengere Auflagen und sie müsse einige Daten erheben, unter anderem, wie viel ich im Monat verdiene. Das kam mir reichlich seltsam vor, denn ich hatte eine fixe Summe eingezahlt, mein Name und Referenzkonto sind bekannt, also wofür braucht irgendwer mehr Informationen? Als sie mir dann noch ein Konto bei der Sparkasse andrehen wollte, musste ich mich sehr höflich und entschieden aus der Affäre ziehen.

Fazit: Charmante Keilerei ist auch Keilerei.

Meine Grundhaltung gegenüber Banken ist die, dass es sich selbst unter den besten Bedingungen immer um legalisierten Betrug handelt. Womit verdient eine Bank ihr Geld? Sie borgt sich große Summen aus, legt diese gewinnbringend an, gibt den eigentlichen Besitzern des Vermögens Peanuts dafür und behält den eigentlichen Gewinn ein. Es ist ja nicht gelogen, wenn die Banken behaupten, dass sie unser Geld zu den besten Bedingungen anlegen, aber wir haben halt nichts davon. Wenn man sich aber nun selbst Geld von der Bank ausborgen möchte, sieht die Sache völlig anders aus. Da zahlt man gleich fünfmal so viel Zinsen zurück als man von einer Bank für exakt die selbe Sache bekommt. Ganz einfach: Der Gewinn für die Banken ist umso größer, je schlechter sie ihre Kunden aussteigen lässt und je riskanter sie mit Geld spekuliert. Das ist nur logisch.
Deshalb verwundert es auch nicht, dass die Finanzdienstleistungsbranche so korruptions- und skandalanfällig ist. So ein System muss ja zu Missbrauch geradezu einladen. Mittlerweile spielen die Großinvestoren mit Rohstoffen MONOPOLY, als ob es da gar nicht um reale Transaktionen mit konkreten Auswirkungen ginge. Eine Gewinnspanne bedeutet immer, dass irgendjemand in der realen Wirtschaft über geringe Löhne, Steuern, oder sonstige Benachteiligungen dafür bezahlt. Das Geld liegt eben nicht auf der Straße. Und als Schlussbemerkung: so schön angezogen und durchgestylt können Bankangestellte gar nicht daherkommen, um über die vielen kleinen Gaunereien ihres Alltagslebens hinwegzutäuschen.

Dienstag, 17. August 2010

CSI Single

Liebe Singles,

nach einem guten Monat Ehe möchte ich mich einem Thema widmen, das mich immer schon sehr beschäftigt hat, nämnlich der Pathologisierung des Singlelebens. Obwohl wir angeblich in einer super aufgeklärten Zeit leben, in der jeder theoretisch machen kann, was er will, gibt es trotzdem zahllose Erwartungshaltungen, die bei fortdauernder Nichterfüllung in standardisierte Vorurteile umschlagen. Menschen, die längere Zeit alleine leben, werden dann in eine der folgenden Schubladen gesteckt:

1) Hedonisten:
Diese Singles hätten zwar auf dem Beziehungs- und Heiratsmarkt die besten Chancen, wollen aber lieber alleine bleiben, weil dadurch das Leben viel angenehmer ist: Karriere, Kohle, grenzenlose Freiheit, oberflächliche Sexabenteuer, ein individueller Lebensstil ohne WENN und ABER.
Diese JAMES BOND-Variante kommt in der Wirklichkeit wahrscheinlich nur selten vor, wird aber von den Zeitungen immer wieder gerne kolportiert.

2) Gestörte:
Diese Personen sind beziehungsunfähig, haben also einen gröberen Schaden, der sich negativ auf das traute Miteinander auswirkt. Für Menschen, die mit sich selbst nicht klarkommen, macht die Beziehung das Leben noch viel schwerer und das Scheitern ist praktisch schon vorprogrammiert.
Auch diese Vorstellung ist weiter verbreitet als man glaubt.

3) Loser:
Zu dieser Gruppe gehören die Versager, Arbeitslosen, Langweiler, Geeks, Freaks, Muttersöhnchen, Streber (zumindest als Jugendliche) und ähnliche soziale Randerscheinungen.

4) Homosexuelle:
Wenn jemand sehr sympathisch und sozial integriert ist, und trotzdem alleine lebt, also Punkte 1-3 wegfallen, dann muss er folglich schwul sein. Wie sonst könnte man es sich erklären, dass jemand, der so 'normal' wirkt, niemanden findet.

Da für einen Single die Punkte 1) und 4) meist wegfallen, und man sich die Frage "Warum eigentlich?" auch gerne selber stellt, spielt man bei dieser Pathologisierung der eigenen Existenz gerne mit. Als Erklärung bieten sich Punkte 2) und 3) an: eine Mischung aus sozialer Störung und massenkulturinkompatiblem Lebensstil. Leider sind Singles meist nicht krank genug, um schon wieder interessant zu werden. Nicht jeder kann Drogen nehmen und in einer Band spielen. Ist man vielleicht einfach zu nett? Also zu normal? Das wäre auch wieder schlecht, weil man dann gar nicht mehr auffällt und jeder glaubt man sei schwul (siehe Punkt 4). Wenn man lange genug in diesen Bahnen denkt, dann ist das Krankheitsbild Single schneller Realität als man glaubt.

Wie gesagt, ich habe meinen eigenen Normalisierungsprozess vor einem Monat abgeschlossen. Mit der Heiratsurkunde bin ich nun zertifizierter Normalbürger, also weder egoistisch, sozial gestört, ein Loser, oder schwul. Wenn ich jetzt zu Hause vor der Glotze hänge, mir eine DVD reinziehe, stundenlang Internet surfe, Comics lese und Schokolade futtere, ist das völlig normal, denn ich bin ja verheiratet. OHNE FRAU wären das natürlich gefährliche Anzeichen für eine massive Störung, die nur im sozialen Abstieg enden kann. Aber so muss ich mir keine Sorgen machen und kann mich so normal finden wie ich bin. Wer's nicht glaubt, kann gerne meine Heiratsurkunde sehen.

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Montag, 16. August 2010

Sex and the City Hotspots

Liebe Serienjunkies!

Was könnte es schöneres geben als die Originalschauplätze seiner Lieblingsserie mit einer kompetenten Reiseleiterin zu besuchen, die einem bis ins kleinste Detail zu erklären vermag, wie and warum man die diversen Drehorte für die Produktion auswählte und umgestaltete, wo sich die Stars auf die Straße wagten, oder welche Bedeutung diese Außendrehs für das Gesamtkonzept der Show hatten. Da es das Schicksal aber nicht immer gut mit mir meint, ging es natürlich nicht um meine eigene Lieblingsserie, sondern um jene, die eine gute Freundin meiner Frau für deren Lieblingsserie hielt.

Also fanden wir uns am 31. Juli um 10.45 Uhr Ortszeit vor dem Plaza Hotel New York (Ecke 5th Avenue und 58th Street) ein, um an der 3 1/2-stündigen Sex and the City Tour teilzunehmen, für die uns besagte Freundin die Karten geschenkt hatte. (Einer geschenkten Tour schaut man nicht auf die Spur - oder so ähnlich.) Vielleicht sollte klärend noch hinzugefügt werden, dass die Serie von 1998 bis 2004 auf HBO lief und der Hype - auch dank des Totalflops des zweiten Kinofilms - schon etwas abgeklungen ist, folglich nur mehr die absoluten Hardcore Fans die Tour buchen und ich noch keine einzige Folge gesehen habe.

Am Brunnen vor dem Tore des Plaza Hotels (Pulitzer Fountain) scharrten sich schon diverse Redneck Trullas zusammen, um auf den Spuren ihrer Idolinnen den Duft des luxuriös-exklusiven Großstadtlebens zu schnuppern. Ihre festen Körper waren in ebenso enge wie kurze Kleidchen gepfercht und die ellenkurzen Beinchen ragten mächtig über den kleinen Pömps auf - artistisch gesehen eine Glanzleistung, selbst wenn die Stilettoabsätze aus Titan waren. Wie in Großbritannien wird auch in den Staaten artig gequeuet (sprich: ordentlich angestellt) und somit reihten wir uns in die Rige dieser illustren Glamourgirls ein. Mein Blick schweifte regelmäßig von diesen Augenweidinnen hinüber zum Apple Shop auf der anderen Straßenseite, wo ich im Gadgets-Nirvana mit den anderen Freaks und Geeks die schönsten Stunden meines Lebens verbringen hätte können. Meine Männerphantasieseifenblase wurde unsanft von der Tourleitung zum Platzen gebracht, als uns die überfreundliche Checklistenhalterin darauf hinwies, dass wir in der Schlange für die englische Tour stünden - die deutschen Gäste hätten sich rund um den Brunnen verteilt. Bei diesem Häufchen handelte es sich also nicht um Schlangen-Verweigerer, sondern um getrennt Wartende - continental style.

Während die anglophonen Gäste ein "great girlfriend getaway" in die Tat umsetzten und folglich kaum Männer dabei hatten, waren unter den deutschsprachigen Tourteilnehmern durchaus Leidensgenossen, die gute Miene zum bösen Spiel machten. Bald schon erschien unsere sympathische Reiseleiterin, die uns im Bus Platz nehmen ließ und sich selbst als "Sexologe", also als Spezialistin für Sex and the City, vorstellte. "Ich zeige die Clips immer bevor wir fahren zu den Ort, wo gedreht wurde die Szene." Das war jetzt ein wenig gemein, denn sie sprach wirklich gut Deutsch, mit den üblichen kleinen Ungereimtheiten eben. Wir saßen relativ weit vorne, aber in absoluter pole position nahm ein schwules Pärchen Platz, das sich sofort als Über-Fans der Serie outete. Jedes Mal, wenn die Moderatorin dieser erquicklichen Tour auf eine bestimmte Folge verwies, "Könnt ihr euch noch an die Szene erinnern, wo Carrie eine Erdbeere auf ihre weißen Manolo Blahnik Schuhe fallen lässt und dann mit dem Tischtuch ...", brachen die beiden in ungebremstes Gekichere aus und nickten eifrig mit den Köpfen.

Unsere erste Station war der "store where Charlotte bought her 'Rabbit'". Als Nichteingeweihter konnte ich mit diesem Programmpunkt nicht so viel anfangen, aber dann wurde mir erklärt, dass Charlotte von ihren Freundinnen in einen Sexshop geschleppt wurde, wo sie sich einen Dildo kaufte und dann eine Woche lang nicht mehr aus dem Haus kam. Glücklicherweise war zwei Häuser davor die Two Boots Pizzeria, wo Miranda Sex mit einem Pizzaofen hatte, wodurch dieser Drehort auch als legitimes Ziel durchging. Also stopften wir uns eine köstliche Pizza rein und verschoben unsere hands-on experience mit batteriebetriebenem Damenspielzeug auf einen anderen Tag.

Ja, und so ging es dann noch drei Stunden dahin. Der Bus war klimatisiert, also gibt es auch durchaus Positives zu berichten. Wir fuhren auch an vielen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei, was einem auf eindrückliche Weise vor Augen führte, warum man eigentlich da war. Ich lernte auch in aller Demut zu schätzen, wie kostbar die eigene Lebenszeit ist. Dafür bin ich ewig dankbar.

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