Donnerstag, 16. Dezember 2010

Warum 3D?

Liebe Nah- und Fernseher,

zuerst eine Spitzfindigkeit: Filme waren auch vor 3D schon in 3D, denn die vierte Dimension, die Zeit, ist fixer Bestandteil des Kinos, also kommt man mit Höhe und Breite zusammen auf drei Dimensionen. Nur ein Gemälde ist in echtem 2D, simuliert aber Tiefe über Perspektive. Scheinbar geht es beim neuen 3D Kino auch viel öfter um die Simulation von Tiefe als deren korrekte Wiedergabe. Wie soll man es sich sonst erklären, dass laufend 2D Filme auf 3D 'umgerechnet' werden. Dafür gibt es aber eine ganz einfache Erklärung.
Echte 3D Filme (Animation einmal ausgenommen) sind sehr aufwändig, da das System nicht ganz ausgereift ist und noch immer viel herumprobiert werden muss. Zwischen den Realaufnahmen von AVATAR am Anfang des Films und den Computeranimationen besteht ein riesiger qualitativer Unterschied. Ich vermute, dass Caemeron die Anfangssequenz auf der Erde deshalb rausgenommen hat, weil er möglichst schnell zu den eigentlichen Stärken des Films übergehen und nicht die Schwächen des Systems in den Vordergrund rücken wollte.
Aufgrund der komplizierten Technik und dem völlig neuen Kinoerlebnis scheinen nun Ticketpreise von +50% gerechtfertigt zu sein, also etwa € 12 statt € 8 (ohne Ermäßigung). AVATAR ist vielleicht der einzige Film bis jetzt, bei dem ein solcher Mehrpreis gerechtfertigt ist (auch wegen der Überlänge). Die Studios setzen voll auf 3D, weil sie erstens viel mehr Geld an den Kinokassen einnmehmen können und endlich etwas gefunden haben, dass das Heimkino (Fernseher + Bluray) nicht wirklich leisten kann. Wer echtes 3D will, muss einfach ins Kino gehen.
Das bringt uns zurück zu der Frage, warum man 2D in 3D umrechnen will. Ganz einfach: mit einem relativ günstigen Arbeitsschritt kann man für den selben Film 50% mehr an Eintritt verlangen. Da ist es den Studios relativ egal, ob das Endprodukt nicht so wirklich als 3D Film überzeugen kann. Hauptsache der Rubel rollt. Deshalb sollten wir uns als Konsumenten wirklich überlegen, ob ein Film die paar Euro mehr Eintritt wirklich wert ist, oder ob es die 2D Version auch tut. Seit AVATAR habe ich niemanden mehr sagen hören, dass man einen Film unbedingt in 3D sehen müsse.
Ich glaube, dass sich 3D im Kino schon durchsetzen wird, wenn sich die Technik noch wesentlich verbessert und Regisseure wie Cameron am Ruder sind, die genau wissen, was sie tun. Für das 3D Fernsehen, hingegen, sehe ich für die nächsten 10 Jahre schwarz. Da müssten die Bestandteile wesentlich billiger werden, um sich diese relativ sinnlose Spielerei ins Wohnzimmer zu holen.              

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Montag, 13. Dezember 2010

WikiLeaks

Liebe Freunde des Rechtsstaates,

die WikiLeaks-Aufregung zeigt wieder einmal sehr schön, was in unseren westlichen Demokratien alles schief läuft. Die Amerikaner sind, wie immer, Spitzenreiter in ihrer großzügigen Auslegung, was eine Regierung in einem demokratischen Rechtsstaat alles darf. George "Double Trouble" Bush und seine Achse des Guten fälschten Beweise, um einen illegalen und von der Völkergemeinschaft geächteten Krieg gegen den Irak vom Zaun zu brechen (sehr schön von den Kommunisten aufbereitet: weapons of mass destruction), töteten dabei zigtausende unschuldige Zivilisten, sie schworen die Printmedien im eigenen Land auf Propagandaberichterstattung ein (Wer sich nicht daran hielt, war ein Volksverräter.), sie richteten Guantánamo ein, machten die Folter wieder richtig salonfähig, und verhielten sich generell so, wie man es von irgendeinem wahnsinnig gewordenen Diktatur in Asien gewohnt ist. Bush hat dieses Spiel zur Spitze getrieben, aber den amerikanischen Regierungen waren die Menschenrechte immer schon ein Klotz am Bein, wenn es um die eigenen Interessen ging. Wer glaubte, Bush oder einer seiner Henchmen würde nachher zur Verantwortung gezogen, war schrecklich naiv.
Das Lustige an der WikiLeaks-Debatte ist wieder einmal, dass es um die völlig falschen Fragen geht. Also beantworten wir diese gleich einmal alle mit einem JA: ja, Julian Assange, ist ein selbstverliebter und traumatisierter Paranoiker, der sich als Messias versteht; ja, er hat zwei Frauen in Schweden eingeredet, sie mögen doch bitte Sex mit ihm haben, ohne Kondome zu verwenden; ja, es gibt Grenzen, was an staatlichen Dokumenten veröffentlicht werden darf, wenn dadurch das Gemeinwohl gefährdet wird; ja, Wikileaks hat in diesem Bereich früher Fehler gemacht und zu viel ungefiltert verbreitet; ja, er hat viele Hacker unter seinen Fans, ebenfalls Paranoiker, die völlig illegal Internetseiten lahmlegen, wenn sie provoziert werden. Ich hoffe, das waren alle. Wenn noch jemand Fragen hat, dann möge er sie mit JA beantworten. Jetzt können wir endlich zu den eigentlichen Punkten kommen.

Darf eine Regierung den Rechtsstaat umgehen, um ihre Interessen durchzusetzen, ganz egal wie der Fall gelagert ist? Während man in der heutigen Zeit mit vielen kniffligen Problemen konfrontiert ist, die keine einfachen Antworten erlauben, muss es in diesem Fall wie aus der Pistole geschossen kommen: NEIN. In einer Demokratie darf die Regierung weder die Gerichtsbarkeit direkt kontrollieren noch die Gesetze beugen und brechen wie sie lustig ist. Ohne Gerichtsurteil können nicht einfach Personen verhaftet, Konten geschlossen, Internetseiten verboten, oder sonstige repressive Maßnahmen durchgeführt werden. Dass die amerikanische Regierung Konzerne erpresst, um ihre Interessen ohne rechtliche Grundlage durchzusetzen, ist schon ein starkes Stück. Man fragt sich, was da als nächstes kommt.

Ein weiterer interessanter Punkt ist, wie schwach Obamas Regierung ist. Erstens ist sie nicht wesentlich anders als alle anderen davor. Zweitens fahren die das volle Programm, als ob es ums Eingemachte ginge. Entweder das stimmt, dann haben die ganz viel Dreck am Stecken, den wir besser nicht erfahren sollten, oder es sind fürchterliche Hosenscheißer, denen bei jeder Kleinigkeit der Arsch auf Grundeis geht. Vermutlich stimmt beides. Hinter diesem ganzen Imponiergehabe und Säbelrasseln darf man auch nur einen Haufen orientierungsloser Paranoiker vermuten, die sicherheitshalber einmal schießen, um ihr Grundstück zu verteidigen.   

Brauchen wir mehr Transparenz in Bezug auf unsere Regierungen? Wieder eine sehr leichte Frage: JA. Diese stellen nämlich ganze Heerscharen von PR Beratern ein, um uns eine Sache nicht direkt mitteilen zu müssen: die Wahrheit. Ich glaube, dass die momentane Runde von 'Enthüllungen' nicht gerade das beste Beispiel dafür ist. Diplomaten sind von berufswegen noch geschwätziger als die Normalbevölkerung, also reden die so viel Schwachsinn wie der Tag lang ist. Für Österreich  aber würde es mich schon sehr interessieren, welche Deals da zwischen der schwarz-blauen Regierung unter Schüssel und diversen Banken und Rüstungskonzernen gelaufen ist. Was ist jetzt mit Grasser und seinen Kumpanen? Da wäre ein Vielfaches mehr an Transparenz dringendst nötig.

Ich glaube nicht, dass WikiLeaks irgendetwas aufklären kann, dass nicht ohnehin jeder wusste, aber eine prinzipielle Debatte darüber, was Regierungen dürfen und welche Informationen sie uns schuldig sind, ist bitter nötig.   


         

Freitag, 10. Dezember 2010

Marshallplan

Liebe Selbstgerechte,

es gibt genug Stimmen in Deutschland und Österreich - am lautstärksten die von Hans-Olaf Henkel, dem Dauergast in allen Talkshows - die einen Ausschluss Griechenlands aus der Europäischen Union oder zumindest aus dem Euroraum fordern. Begründung: Wir zahlen nicht für die Fehler der anderen. Wer Mist baut, muss sich aus eigener Kraft wieder aufrappeln. Da wäre eine Dauerexistenz Griechenlands am Tropf der EU-Gelder geradezu konterproduktiv.
Worin besteht nun genau das Verbrechen der Griechen? Zuerst einmal muss hier klipp und klar gesagt werden, dass es 'die Griechen' als homogene Masse gar nicht gibt. Wir haben uns erfreulicherweise vom Singular für ganze Nationen verabschiedet (der Russe, der Ami, der Pole), um jetzt plötzlich wieder über den Plural (die Russen, die Amis, die Polen) die selben beschissenen Stereotype zu recyclen. Wir können also davon ausgehen, dass die meisten Griechen wie die Jungfrau zum Kind kommen. Was hat also die griechische Regierung verbrochen? Die hat sich relativ plump 2001 mit gefälschten Bilanzen in die Währungsunion gemogelt. Dass ein Land ohne strukturelle Reformen plötzlich ein super ausgeglichenes Budget vorzuweisen hatte, musste doch jedem, der halbwegs denken konnte, Spanisch vorkommen. (Vielleicht sollte man ab jetzt 'Griechisch vorkommen' sagen.) Doch man wollte die Griechen sowieso mit ins Boot nehmen, also drückte man ein Auge zu. Die Wiege der westlichen Zivilisation durfte micht außen vor bleiben, und wenn die Römer schon dabei waren, dann mussten die Griechen auch mit. Abgesehen von diesem sehr offensichtlichen Trick hat die griechische Regierung nichts anderes gemacht als jedes andere Land auch in Europa: Geld verplempert und verschenkt, das sie nicht hatten; die Reichen beschützt und die Armen getreten; alles beim alten gelassen; tolle Reden geschwungen etc. Und dann kam die Finanzkrise wie eine Grippewelle. Während Österreich und Deutschland ordentlich Schnupfen hatten, fiel der angeschlagene Dauerpatient Griechenland natürlich sofort um. So blöd können unsere Politiker gar nicht sein, dass uns nicht die ewig steigende Wirtschaftsleistung in jeder Situation über Wasser hält. Über diese Turboexportmaschinerie verfügt aber Griechenland nicht. Die haben nichts außer dem Meer und schöne Inseln. Dass dort die Reichen auch keine Steuern zahlen und die soziale Umverteilung nicht funktioniert, ist natürlich ein erschwerender Faktor, aber deshalb nicht anders als sonstwo in Europa.
Wie reagieren nun die europäische Union und ihre Bürger auf diese Situation? Zuerst einmal, wie erwartet. Die Griechen waren immer faule Hunde, das konnte man doch im Urlaub sehen, wie die den ganzen Tag herumsitzen. Wenn die so viel Fleiß wie wir hätten, da würde das ganze Land aber ganz anders aussehen. Jetzt müssen wir für diese Idioten die Schulden zahlen. Wie kommen wir denn dazu - und so weiter und so fort. Deshalb müssen die Griechen jetzt doppelt so hart für den halben Lohn arbeiten und uns das ganze Geld (mit Zinsen!!) auf Heller und Pfennig zurückzahlen. Zur Motivation kürzen wir ihnen jegliche soziale Unterstützung (Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht!). Wir quetschen diese Scheiß-Griechen aus bis wir alles wieder zurückbekommen haben. Denn das ist nur gerecht.  
Deutschland hat mit der Wiedervereinigung und dem Länderfinanzausgleich eigentlich schon jahrzehntelange Erfahrung mit dem Geldtransfer von reicheren zu ärmeren Regionen. Aber genau diese sozialen Transfers liegen den Deutschen schwer im Magen. Was haben die Westdeutschen nur gelitten in den letzten 20 Jahren seit Einführung des Solidaritätszuschlags. Die Lebensqualität ist drastisch gesunken, sie können sich fast nichts mehr leisten, die Wirtschaft liegt am Boden, alles ist ganz furchtbar und wird noch viel schlimmer. So müsste die tatsächliche Lage aussehen, um das Gejammere rechtzufertigen.
Wir reichen Mitteleuropäer und Kapitalisten wollen nämlich ein System, in dem von unten nach oben umverteilt wird. Wir brauchen einfach unsere Sklaven, die wir ausquetschen können: die Jungen, die Immigranten, die Ein-Euro-Jobber, die Näherinnen in Asien usw. Griechenland ist überhaupt das tollste, das uns passieren konnte: da sind wir moralisch überlegen und können gleichzeitig die Daumenschrauben fester anziehen. Das ist wie in der guten alten Zeit, als die Neger noch Tiere waren.
Wie haben die Amerikaner nach dem 2. Weltkrieg eigentlich reagiert, nachdem unsere Urgroßeltern Europa mit Faschismus und Krieg überzogen, sechs Millionen Juden getötet, und weitere 50 Millionen Menschen ins Grab geschickt haben? Die hätten jeden Grund der Welt gehabt, diese Scheiß-Deutschen verrecken zu lassen. Haben sie aber nicht getan. Die Amerikaner haben Österreich und Deutschland liebevoll und mit sehr viel Spendengeldern wieder aufgepäppelt. Das war der Marshallplan und der Grund, warum es uns immer noch so gut geht. Die Griechen haben einen Finanzbedarf von ca. 120 Milliarden Euro. Gemessen am europäischen BIP (EU 27) von ca. 12.000 Milliarden Euro ist das nur ein Hundertstel. Selbst wenn die Griechen den Kredit niemals zurückzahlen werden (Gott bewahre! Der Supergau!!), gerät die EU dadurch noch lange nicht ins Strudeln.
Aber wir wollen den Griechen gar nicht helfen. Die Solidargemeinschaft endet dann, wenn der Arme aus eigener Kraft nicht mehr fähig ist, seinen Unterhalt zu bestreiten. Der muss ja froh sein, dass er überhapt bei uns wohnen darf. Glaubt irgendjemand im Ernst, die Griechen werden sich jetzt gemütlich zurücklehnen und unsere Kredite verprassen? Ist es irgendwie lustig arm zu sein und von der Stütze zu leben?                                             

Donnerstag, 9. Dezember 2010

Cowboys & Aliens

Liebe Spielbergianer,

ich vermute einmal, dass Bernie Madoff Steven Spielberg noch ärger abzockte als gemeinhin bekannt (Spiegel). Das würde Filme wie Michael Bays TRANSFORMERS (2007) oder Jon Favreaus COWBOYS & ALIENS (2011) erklären, für die Spielberg als Produzent fungiert(e). Leider stolperte ich vor kurzem über den Trailer zu COWBOYS & ALIENS, der mich nur wenig ermutigte diesen Streifen im Kino sehen zu wollen.



Scott Mitchell Rosenberg, der mit drittklassigen Comics und deren Verfilmungen versucht irgendwie Geld zu verdienen, hat das Konzept dazu entwickelt. Dieses wurde dann 2006 von Fred Van Lente und Andrew Foley auf Rosenbergs Betreiben hin in ein Comic umgesetzt, das gerade einmal das Niveau einer durchschnittlichen Zeichentrickfolge im Kinderfernsehen erreicht. Alleine der Prolog, der die Invasion der Außerirdischen mit der Eroberung des Westens durch die weißen Amerikaner vergleicht, hat noch ansatzweise etwas Niveau, wenn auch die Idee an sich von H.G. Wells' KAMPF DER WELTEN gestohlen ist.
    
Nun, an diesem wunderbaren Machwerk haben Universal und Dreamworks die Rechte gekauft. Es handelt sich bei diesem Film also um eine weitere Comics Adaptation, die noch dazu von meinen Lieblingsdrehbuchautoren Alex Kurtzman und Roberto Orci stammt, die schon TRANSFORMERS I, II, und STAR TREK verbrochen haben. Auf Wikipedia kann man nachlesen, dass den beiden die ironisch angehauchte Drehbuchfassung von Mark Fergus und Hawk Ostby nicht gefiel und diese so umschrieben, dass nun eine seriöse Version von COWBOYS & ALIENS vorliegt: "Imagine you're watching UNFORGIVEN and then Aliens land," hat Orci bei IGN verlautbart. Das beruhigt mich natürlich sehr.
Interessanterweise haben Brian Grazer und Ron Howard das Projekt als Produzenten übernommen und Daniel Craig und Harrsion Ford sind in den Hauptrollen zu sehen. Das irritiert mich natürlich noch mehr. Warum würden sich die vier für einen Film hergeben, der nur ein großer Haufen Gülle ist.
Deshalb erwarte ich den Film nun doch noch mit einiger Spannung. Vielleicht habe ich ja unrecht und das dynamische Duo Kurtzman und Orci verstehen es mich zu verblüffen. Mal sehen.

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Montag, 6. Dezember 2010

Wie lustig ist Hitler?

Liebe Humoristen,

wie lustig kann und darf Adolf Hitler sein? Im englischsprachigen Raum geht man relativ ungezwungen mit der komischen Seite des Führers um. Hier ein kleines Beispiel:



War das jetzt geschmacklos (besonders die Anspielung auf die Dusche)? Wird Hitler hier verharmlost? Fakt ist, dass die Komiker in der englischsprachigen Welt - von Charlie Chaplin über Monty Python bis zu Mel Brooks, ganz abgesehen von den zahllosen Karikaturisten während des zweiten Weltkriegs - immer schon das komische Potential von Hitler gesehen haben. Vereinfacht könnte man sagen, dass, solange Hitler als Idiot oder Versager erscheint, automatisch eine Legitimation für die Verwendung der Figur gegeben ist.

In Deutschland sieht die Sache völlig anders aus. Da hatte Oliver Hirschbiegels DER UNTERGANG (2004) mit dem Vorwurf zu kämpfen, dass Hitler vermenschlicht würde, aber besondes Dani Levys MEIN FÜHRER - DIE WIRKLICH WAHRSTE WAHRHEIT ÜBER ADOLF HITLER (2007), dass man Hitler nicht mit Humor in Verbindung bringen dürfe (siehe stellvertretend: Rolf Hochhuth). Guido Knopps acht Milliarden Hitler Dokus werden ebenfalls kontroversiell gesehen (Frankfurter Rundschau), besonders weil das Archivmaterial großteils aus Progagandafilmen besteht und trotz aller Kritik aus dem Off Hitler ständig mythologisiert wird. Die Deutschen haben generell ein Problem mit ihrem großen Diktator, wenn sich auch die Situation langsam etwas entspannt.

Also, darf man nun über Hitler lachen? Ist Satire ein geeignetes Format, um sich der Figur zu nähern? Wird Jugendlichen ein falsches Geschichtsbild vermittelt, wenn sie Hitler in Epic Rap Battles of History Darth Vader dissen sehen? Solche Fragen beruhen auf der Annahme, dass jeder Beitrag über Hitler automatisch den gesamten Kontext mitabhandeln und toternst sein muss.
Der Vorwurf der "Geschichtsfälschung" (Rolf Hochhuth) würde voraussetzen, dass Jugendliche oder die Öffentlichkeit im allgemeinen so blöd sind, dass sie INGLORIOUS BASTERDS oder DER UNTERGANG mit Dokumentationen verwechseln bzw. nicht verstehen, dass ohnehin alles konstruiert ist und immer nur einen von vielen Blickwinkeln auf die selbe Sache darstellt. Wie die Beispiele oben zeigen, ist es völlig egal, welches Genre man wählt. Man kann es sowieso nie allen recht machen, wenn die Erwartungshaltungen völlig überzogen oder schlicht und ergreifend fehl am Platz sind.
Deshalb, so glaube ich, darf ich mich über den hysterischen Diktator Adolf Hitler in obigem Klamaukvideo amüsieren ohne gleich den Zweiten Weltkrieg und die Judenverfolgung mit ins Boot nehmen zu müssen.     

Freitag, 3. Dezember 2010

AVAAZ

Liebe Aktivisten,

ich bin schon seit einigen Jahren Mitglied bei AVAAZ und halte das für eine tolle Möglichkeit sich global in politische Entscheidungsfindungsprozesse einzumischen. AVAAZ (Stimme) geht davon aus, dass die meisten Regierungen auf diesem Planeten ihre Bürger ignorieren und Entscheidungen treffen, obwohl die Mehrheit oft das genaue Gegenteil wünscht. Deshalb sammelt AVAAZ, je nach Anliegen, zigtausende oder sogar Millionen von Unterschriften, um Lobbyarbeit für den Hausverstand, aber insbesondere für Menschen- und Tierrechte zu betreiben.
Ein Beispiel: Die EU Kommission wollte die Voraussetzungen für ein EU Bürgerbegehren dermaßen erschweren, dass es praktisch nicht mehr möglich gewesen wäre, als Bürgerplattform einen Antrag/Gesetzesentwurf einzubringen. Dagegen hat sich nicht nur das europäische Parlament gewehrt, sondern auch AVAAZ. Seit dieser Woche gelten die abgeschwächten Regelungen.
Die Presse wird zunehmend auf AVAAZ aufmerksam: So berichtet die BBC zum Beispiel über 'unsere' Petition gegen den Walfang, die über eine Million Menschen unterschrieben haben. Dass da der WWF und GREENPEACE ebenfalls Lobbyarbeit betreiben und sich die Anliegen oft überschneiden, kann mir nur Recht sein. Ich bin bei allen drei Mitglied.
Es wird auch nicht verwundern, dass sich alle drei für den Atomausstieg stark machen, was besonders für Deutschland ganz wichtig wäre. Dort sind die Bürger endlich wieder bereit in großer Zahl auf die Straße zu gehen, um gegen eine Entscheidung zu protestieren, die völlig gegen den Willen der Bevölkerung geht.
Ich glaube einfach nicht (oder will es nicht glauben), dass man als Bürger völlig machtlos ist. Man muss sich einfach nur, so weit es geht, für die Dinge engagieren, die einem wichtig sind.
Deswegen bin ich auch vor kurzem ATTAC beigetreten, weil die Regierungen viel zu wenig tun, um die Banken in den Griff zu kriegen. Die Gesetze, unter denen Banken in Europa arbeiten dürfen, legen immer noch wir fest, und nicht die Banken selbst. Dass dieses einfache Grundprinzip der Demokratie in der heutigen Zeit so absurd wirkt, kommt einfach daher, dass die Macht schon lange nicht mehr vom Volk und dessen Vertretern ausgeht.         

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Harry Potter 7

Liebe Potterianer,

ich habe vor kurzem Harry Potter und die Heiligtümer des Todes (Teil 7) im Kino gesehen. Auf IMDb und anderen Seiten gibt es zahllose Rezensionen, die den Film für den besten der Serie halten. Dem kann man nur unter gewissen Vorbehalten zustimmen. Roger Ebert trifft, wie so oft, genau den Kern, wenn er meint, dass der Film für Nicht-Potterianer völlig sinnlos ist. Damit meine ich nicht nur das Interesse an der Serie prinzipiell, sondern vor allem das Potenzial des Films für sich alleine irgendeinen Sinn zu ergeben. Dieses ist nämlich nicht einmal ansatzweise vorhanden. Es handelt sich für Uneingeweihte um das absurdeste Sammelsurium von Szenen, die man sich nur vorstellen kann. Ständig tauchen irgendwelche Charaktere (dutzende!) aus dem Nichts auf, tun irgendetwas und sind schon wieder weg. Harry, Hermine und Ron sitzen den ganzen Film blöd herum und warten darauf, dass irgendetwas passiert. Dabei darf sie der Zuseher eingehend beobachten - lange Einstellungen völlig ohne Dialoge. Wer auch nur annähernd Film mit Bewegung assoziiert, wird hier eines Besseren belehrt: manche Diavorträge haben mehr Action als Potter 7.

Wie kommen also jene verwirrten Menschen auf die wahnwitzige Idee, es könnte sich um den besten der ganzen Serie handeln? Nun, wenn man den Film aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, fallen einem eine Reihe von Qualitäten auf, die man, ob der peinigenden Langeweile oder Konfusion, leicht übersehen könnte. Dazu gehört vor allem die Stimmung des Films, die schauspielerische Leistung der Jungdarsteller, und der Umstand, das hier etwas nachgeholt wird, das in allen bisherigen Verfilmungen fehlte.
Während die Romane dicke Wälzer mit mehreren hundert Seiten sind, muss eine Filmfolge mit maximal 2 1/2 Stunden auskommen. Deshalb fielen in den ersten Teilen oft die ruhigeren, persönlicheren, und tragischeren Momente der Romanvorlage in der Filmversion der Zeitbeschränkung zum Opfer. Da wurde lieber auf Action und comic relief gesetzt. Dieser Film liefert all diese Momente in einer zweieinhalbstündigen Elegie nach. Potter 7 ist ein Film über traumatisierte Jugendliche, die alles verloren haben und lange vor ihrer Zeit erwachsen geworden sind. Dass die Schaupieler viel älter als ihre Figuren sind, stört gerade hier nicht. Es zeigt eher, wie groß der Unterschied zwischen biologischem und sozialem Alter ist. Am Ende ihrer Ausbildung als Magier, wenn sie mit einem Wink ihres Zauberstabs töten können, erscheinen sie als die macht- und hilfslosesten Kreaturen überhaupt. Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint sind nun auch alt genug, um das überzeugend spielen zu können. Deshalb beinhaltet der Film einige der besten Szenen in der ganzen Serie. Daran besteht kein Zweifel.
Das Hauptproblem des Films ist jedoch, dass er wie ein einziger reaction shot auf Umstände wirkt, die im Film selbst nicht gezeigt werden. Selbst für diejenigen, die mit der Gesamterzählung vertraut sind, kann das ein wenig mühsam sein. Die Dramaturgik des Films widerspricht eigentlich jeder Daumenregel des Drehbuchschreibens, z.B. der Tod einer Figur bewegt die Zuseher nur dann, wenn diese ordentlich eingeführt wurde. Dazu kommt noch, dass es nur der erste Teil des siebten Bandes ist und somit keinen ordentlichen Schluss hat, ein weiteres no-go für jeden Film. Die paar wenigen Details, die die Handlung tatsächlich vorantreiben, hätte man locker in den nächsten Film integrieren können. Die Gewichtung der gezeigten Elemente stimmt nicht mehr: Mad-Eye Moody taucht kurz auf und ist gleich tot, der ältere Weasley Bruder taucht kurz auf und heiratet, Ginny taucht kurz auf und küsst Harry, Voldemort taucht kurz auf und plant Harrys Tod etc. Dutzende Figuren erscheinen für eine Minute und sind gleich wieder weg. Die restlichen zwei Stunden sehen wir Harry, Hermine und Ron beim Davonlaufen und Leiden zu. Das geht so nicht. Das ist kein Film bzw. keine ordentliche Erzählung. Schon Teil 5 und 6 haben unter der Schwere der Gesamterzählung und der Masse der Charaktere gelitten, aber hier, im siebten Teil, wird es wirklich problematisch.
Mithilfe dieser Ausführungen wird hoffentlich klar, warum ich Potter 7 für den besten und schlechtesten Film der ganzen Serie halte. Was Steve Kloves (Drehuch) und David Yates (Regie) aus manchen Szenen herausholen, ist atemberaubend gut gelungen, aber leider verspielt der Film seine Wirkung in der Gesamtkomposition bzw. im Schnitt.      
Das persönliche Highlight für mich war Ben Hibon's animierter Kurzfilm "The Tale of the Three Brothers", der den Ursprung der Heiligtümer des Todes erklärt - ein kleines Meisterwerk, das dem Regisseur - völlig zurecht - bereits neue Angebote eingebracht hat. Interessanterweise haben die Heiligtümer des Todes, nach denen der Film ja eigentlich benannt ist, ebenfalls nur einen Kurzauftritt, was mich nicht wenig erstaunt. Worum geht es in diesem Film überhaupt?                          

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Mittwoch, 1. Dezember 2010

CHANGE

Liebe Wandlungsfähige,

CHANGE war Obamas 'buzzword' im Wahlkampf. Alles sollte sich mit seiner Präsidentschaft ändern. Genau genommen leben wir in einer Zeit, in der es angeblich alle paar Monate einen Paradigmenwechsel gibt. Kein Stein bleibt mehr auf dem anderen! Jede Woche einen neuen wissenschaftlichen Durchbruch, der unser aller Leben grundlegend verändern wird.
Selbst in den wenigen Jahrzehnten meiner bescheidenen Existenz hier auf Erden habe ich schon weltbewegende Dinge miterlebt: die flächendeckende Einführung des PCs und des Handys, das Internet,
den Fall der Mauer (Die Wende!), das Ende der UdSSR, die Einführung des Euros, 9/11, der Aufstieg Chinas, der erste schwarze Präsident, die jüngste Finanzkrise - und das sind nur die allerwichtigsten.
Interessanterweise habe ich als Österreicher das Gefühl, dass sich überhaupt nichts ändert. Wenn man sich Karikaturen und politische Kommentare von vor 30 Jahren ansieht, braucht man nur die Namen der aktuellen Politiker einsetzen und alles bleibt beim Alten. Die angeblichen großen Wenden haben sich hier nur marginal ausgewirkt. Einzig die zunehmende Digitalisierung und das Internet haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber die politischen Umbrüche waren nicht spürbar.
Das Spannende im Moment ist, dass nicht die großen Krisen die Österreicher mobilisieren, sondern der unerträgliche Stillstand. Nicht die Finanzkrise lockt die phlegmatisch-harmoniesüchtigen Österreicher hinter dem Ofen hervor, sondern die Untätigkeit der Großen Koalition. Die Bürger formieren und organisieren sich. Denn die wirklich großen Umbrüche stehen uns in Österreich noch bevor - so oder so. Aber auch auf europäischer und globaler Ebene kommen ein paar Weichenstellungen und Entwicklungen auf uns zu, gegen die sich 1989 oder 2001 retrospektiv als kleine Randnotizen der Geschichte ausnehmen werden.
Warum traue ich mich diese großen prophetischen Worte in den Mund zu nehmen? Ganz einfach: die ersten Anzeichen für unsere momentanen Baustellen (Erderwärmung, Alterspyramide, Gesundheitssystem, Zusammenbruch der Solidargemeinschaft etc.) hatten wir vor 30 Jahren. Geschehen ist seitdem nichts und die Entwicklung verläuft exponential in manchen Bereichen. Entweder wir bauen unseren Staat und unser Gemeinwesen national und international grundlegend um, oder uns fliegen sehr bald schon die ersten tickenden Zeitbomben um die Ohren. Darauf würde ich sogar eine Wette eingehen.
Die Zehner- und Zwanziger-Jahre dieses Jahrhunderts werden viel spannender werden als all die Pseudokrisen und -wenden der letzten 20 Jahre.   
        

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