Dienstag, 27. Februar 2007

Ohne Dich ist alles doof

Liebe Schafliebhaber!

Manchen Dingen entkommt man nicht. Dazu zählt auch Stefanie "Steff" Rölz mit ihren Schafen. Was ursprünglich als private Leidenschaft begann, ist mittlerweile ein Firmenimperium, dessen dunkle Machenschaften auf www.sheepworld.de dokumentiert sind. Bei so viel zuckersüßer Niedlichkeit und sprachlicher Banalität denkt man natürlich sofort an Kinder. Aber nein: Wie auch der Laie hier unschwer erkennen kann, handelt es sich bei der Zielgruppe um schwer Verliebte und, wenn mir die Einschränkung gestattet sei, um schwer verliebte Frauen. Liebe macht bekanntlich blind. Aber was bedeutet das?

Auf einen Schlag verschieben sich nicht nur alle Prioritäten und Wertigkeiten, sondern auch die normalen Analyseraster bei der Wahrnehmung der Außenwelt. Plötzlich ist alles andere doof und der eine Angebetete das strahlende Zentrum der Welt. Steff rölzt dazu folgende Verslein:

Die Sonne strengt sich mächtig an
und scheint so strahlend sie nur kann.
Mit Dir wär das auch sicher toll,
doch ohne Dich nervt mich das voll ...

Ich bin kein Dichter und kein Philosoph,
doch:
Ohne Dich ist alles doof.

Was denkt sich der Normalo-Mann bei einem solchen Liebesbeweis?
Wenn er nicht gerade selbst total verliebt ist und sowieso alles toll findet, dann blickt er relativ schnell den Tatsachen ins Auge:

(1) Unter keinen Umständen gehöre ich zur Zielgruppe dieser Schäfchenwelt. Die Bildchen sind für Kinder und die Reime tun wirklich weh. Als symbolische Geste mag das ja ganz lieb gemeint sein, aber ich kann das Buch unmöglich irgendwo aufstellen.

(2) Hoffentlich meint sie das nicht ernst. Dann sitze ich nämlich den Rest meines Lebens bei ihr auf der Couch (so nett das auch sein mag). Bei aller Liebe: Hast du wirklich nichts Besseres zu tun als dein Leben nach mir auszurichten? Manche Männer mögen das zwar ganz toll finden, aber mir wäre es sehr recht, wenn du deine eigenen Sachen durchziehst. Privatleben heißt nicht automatisch Leben zu zweit: Jeder sollte auch ein bisschen Freizeit unabhängig vom anderen haben.

Hier also der Rat an alle Frauen: Wenn man seinem Liebsten etwas ganz Süßes schenken will, dann hat er mit einer Tafel Schokolade die meiste Freude.

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Freitag, 23. Februar 2007

WoW

Liebe Computerspieler!

"WOW!" war meine erste Reaktion auf das Intro zu Blizzards WARCRAFT II: TIDES OF DARKNESS. Im Herbst 1995 hatte ich mir gerade meinen ersten und damals sehr preiswerten PC um 1500 Euro gekauft, den ich natürlich nicht nur beruflich nutzen wollte. Also latschte ich in die nächste LIBRO Filiale und legte mir dieses recently released, must-have Game zu (damals schon 50 Euro!!). Die Computerspielewelt stieg gerade von rundenbasierenden Strategiespielen auf solche in Echtzeit um und Blizzard hatte mit WARCRAFT II die Nase vorn. Zu Hause angekommen installierte ich dieses Wunderwerk zeitgenössischer Programmierkunst und startete das Intro. Außer dem Teaser Trailer zu C & C II (Command and Conquer: Red Alert, 1996) gab es nichts Geileres als diesen prachtvollen Vorspann. YouTube sei Dank kann man sich das Ding heute noch ansehen:

http://www.youtube.com/watch?v=ZU-n8UZM5Cc

Von dem Moment an war Blizzard meine Firma. Nur wegen DIABLO stieg ich seinerzeit auf WINDOWS 95 um. Von WARCRAFT I, II und III über DIABLO I und II bis STARCRAFT spielte ich alles samt Erweiterungen mehrere Male durch. Was wäre also naheliegender als auf World of Warcraft (WoW, 2004) umzusteigen, das bisher erfolgreichste Produkt Blizzards und noch dazu das beliebteste Online Game?

Nachdem ich mich nun als ehemaliger Computerspieler geoutet habe und nur zu gut verstehe, warum man sich dafür begeistern kann, möchte ich ein paar Punkte anführen, die mir in diesem Zusammenhang durch den Kopf gehen und die mich vor einer neuerlichen Euphoriephase bewahren:

1) ZEIT:
Mein Bruder pflegte immer zu sagen: "Wir haum ned vü, oba Zeid hauma." Das trifft vor allem auf Schüler und Studenten zu, die ihre üppige Freizeit irgendwie bestreiten müssen. Da sitzt man halt ein paar Stunden vor dem Monitor und, wenn's sein muss, ein ganzes Wochenende. Das ist auch gut so. Man soll eben die Ressourcen, die man zur Verfügung hat, auch ordentlich nutzen. Nach der Studienzeit bzw. spätestens wenn man so Mitte dreißig ist verschieben sich aber die Parameter und Prioritäten. Im Normalfall hat man dann eine Wohnung und wesentlich mehr Kohle, aber die Zeit wird immer kostbarer.

2) VIRTUELLE WIRKLICHKEIT:
Solange man sich in der sozialen Pubertät befindet (keine Frau, keine Kinder, keinen Job, keine soziale Verantwortung), ist es auch egal, wenn man großteils virtuell existiert. Ich nenne das immer "von Konserven leben". Viele Erfahrungen kommen nicht aus dem direkten Leben, sondern sind medial vermittelt: Bücher, Filme, Fernsehserien, Musik, Computerspiele, Internet, etc. Man muss sich aber fragen, welche Bedeutung es hat, wenn man sich virtuell profilieren will. Wenn ich meine ganze Kraft in eine sekundäre Welt stecke, dann werde ich dort zwar der Meister aller Klassen, aber das geht eben nicht zusätzlich, sondern nur auf Kosten von Lebenszeit und -energie. Es muss mir bewußt sein, dass ich in einer sekundären Welt auch nur Erfahrungen aus zweiter Hand machen kann. Trotzdem ist die virtuelle Welt der Spiele sehr verlockend und zwar aus einem ganz simplen Grund:

3) THE SIMPLE LIFE:
Vom anspruchvollsten Roman über die aufwändigsten Simulationen bis hin zu Paris Hiltons Fernsehserie: alle kulturellen Produkte des Menschen zeichnen sich durch einen stark heruntergesetzten Komplexitätsgrad aus. World of Warcraft verfügt zwar über eine riesige Welt und schier unendlich viele Optionen im Gameplay, aber eigentlich fühlt sich jeder sicher, weil es trotzdem überschaubar ist und gewisse fundamentale Regeln immer gelten. Die größte Bedrohung in der wirklichen Welt, der eigene Tod, ist hier nur ein lästiges Intermezzo: Man kehrt sofort als Geist zurück, sucht seinen Körper und reinkarniert auf Knopfdruck. Hier kann eben nichts schiefgehen und jeder darf probieren, bis er es schafft. Im Gegensatz zum richtigen Leben bestimme ich selbst immer in letzter Instanz, was passiert, und das ist ein sehr angenehmes Gefühl. Die Karriere hängt nie von äußeren Umständen ab, sondern ergibt sich fast von allein. Das virtuelle Leben bietet selten Durststrecken und genug Belohnungen, um immer weiter zu machen.

4) DIE COMMUNITY:
WoW bringt als Online Spiel die unterschiedlichsten Menschen zusammen. Da kann man sich kennen lernen, gemeinsam losziehen, Strategien entwickeln und Monster verdreschen. Man tritt einer Gilde bei, sucht sich einen erfahrenen Recken als Lehrmeister und steigt gemeinsam mit anderen in der Hierarchie auf. Das Gemeinschaftserlebnis kann sehr stark sein und man fühlt sich in eine richtige Gruppe integriert. Ich muss hier wahrscheinlich nicht extra erwähnen, dass man trotzdem alleine vor einem Bildschirm sitzt, während draußen das wirkliche Leben an einem vorbeizieht.

Als Wissenschaftler habe ich schon genug mit Konserven (in meinem Fall mit Büchern) zu tun. Da sollte ich in der restlichen Zeit wirklich raus und z.B. mit dem Rad über Stock und Stein fahren als mit dem Greif von Stormwind nach Ironforge zu fliegen.

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Mittwoch, 7. Februar 2007

Wir - schwierig

Liebe Mitdenker!

Am Montag hatte ich Riesenglück. Schon in aller Herrgotts Früh rief mich eine nette Frau vom SALZBURGER MONAT an und teilte mir mit ich hätte das Preisausschreiben gewonnen. Ich könnte mir die Karten für Gunkls neuestes Programm, WIR - SCHWIERIG, an der Abendkasse der ARGE Kultur abholen. Das war doch was!
Günther Paal, wie Gunkl in Zivil heißt, ist wahrscheinlich den meisten als Dorfers Bassgitarrist und Experte für eigentlich eh alles aus DORFERS DONNERSTALK bekannt. Mit seinen Soloprogrammen als Kabarettist (Deutscher Kleinkunstpreis 2005) hat Gunkl eine ganz besondere komödiantische Nische für sich erobert: Er nimmt das Publikum auf eine Abenteuerreise durch seine eigenen Denkwelten mit. Als mittlerweile erfahrener Fremdenführer steuert er die Reisegruppe ständig auf Trab gehaltener Mitdenker gekonnt durch die Kulissen seines umtriebigen Gehirns. Dabei wird man kaum geschont: wer nicht ständig höllisch aufpasst, verliert den Faden und verpasst die besten Passagen. Das ist ja gerade seine Masche: er setzt das Niveau von Haus aus so an, dass sich der geneigte Zuhörer für seinen erhöhten mentalen Einsatz belohnt und zu einer privilegierten Gruppe gehörig fühlt. Hier sitzen eben keine Dodeln im Publikum, sondern halbwegs intelligente Zeitgenossen.
Mit naturwissenschaftlich-logischem Eifer dekonstruiert er die Scheinwahrheiten und Annahmen, die wir, wenn wir nicht gerade beruflich mit Literatur-, Kultur- oder Sozialstudien zu tun haben, viel zu selten hinterfragen. Wie jeder Kabarettist zieht er also eine Metaebene ein, von der aus die Gesellschaft aus einer privilegierten Position heraus beobachtet wird. So entsteht ein "Wir", eine Gruppe von Gleichgesinnten, die sich kollektiv über die Dummheit und Arroganz der anderen lustig macht. Während man mit den meisten Comedians kaum über das übliche Witzniveau hinauskommt, gaukelt Gunkel aber intellektuelle Analyse und somit wissenschaftliche Haltbarkeit seiner Aussagen vor. Folgt man seinen Ausführungen, dann hält die Logik bzw. die Physik scheinbar ständig Ansätze und Lösungen bereit, mit der sich die Welt unmissverständlich und eindeutig erklären lässt. Als Showmaster zelebriert Gunkel seine eigene Apotheose in jeder Aufführung, wenn er vom Menschen zum beinahe unfehlbaren Halbgott und vom Publikum hochverehrten Mastermind aufsteigt. Als anspruchsvolle Unterhaltung funktioniert die Show beinahe immer im Moment der direkten Vermittlung. Durchbricht man aber für einen Moment den Zauber des Illusionisten, dann merkt man schnell, dass er wie alle anderen auch - jedoch, zugegeben, auf höherem Niveau - selbst mit Verallgemeinerungen, Halbwahrheiten und wissenschaftlich unsauberen Mitteln operiert. Ständig reißt er Sätze oder ganze Passagen aus dem Zusammenhang und präsentiert sie als in sich geschlossene logische Systeme, die man dann frei kritisieren kann. Besonders was die Katholische Kirche und die Bibel angeht, kommt er kaum über das Niveau einer Massenmeinung hinaus. In Genesis 6:5-8 steht:

"Als aber der HERR sah, daß der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar, da reute es ihn, daß er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen, und er sprach: Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, vertilgen von der Erde, vom Menschen an bis hin zum Vieh und bis zum Gewürm und bis zu den Vögeln unter dem Himmel; denn es reut mich, daß ich sie gemacht habe."

Aus dieser Passage folgert Gunkl: Gott ist nicht nur ein Pfuscher, der die Menschen unvollkommen geschaffen hat und jetzt seine Tat bereut, sondern auch fehlbar, weil er eigentlich wissen hätte müssen was passieren wird. Damit ist jetzt entweder die Bibel oder die Katholische Kirche widerlegt und die Atheisten und Agnostiker dürfen sich freuen, weil sie schon immer gewußt haben, dass Religion nur Blödsinn ist.
Nun, das greift natürlich alles zu kurz. Zufällig habe ich mich vor kurzem sehr intensiv mit Bibelwissenschaft und besonders dem Buch GENESIS beschäftigt und könnte jetzt lange erklären, warum die Bibel so ist, wie sie ist, und wie man das zu lesen hat, aber das würde nicht nur langweilen, sondern auch zu weit führen.
Auf ähnlich absurde Weise (damit meine ich, dass er Dinge aus dem Kontext reißt) versucht er Wittgensteins TRAKTATUS zu wiederlegen. Der erste Satz, "Die Welt ist alles, was der Fall ist.", sei schon ein großer Blödsinn, weil er alles Spekulative, also das Was-wäre-wenn, auschließt. Wittgenstein sei eben ein frustrierter Kopfmensch gewesen, der allen anderen ihre Fantasien und Gefühle rauben wollte. Das tut natürlich ein bissi weh und passt nicht ganz zur ansonsten doch sehr gepflegten Unterhaltung. Auf alle, die sich wissenschaftlich mit Sprache beschäftigen, hackt er besonders hin. Literatur ist eben nur pseudo, während die Naturwissenschaft klare Aussagen produziert. Und dann redet er eine Ewigkeit über Erzählwissenschaft, von der er, mit Verlaub, nichts versteht und die sehr wohl in den Bereich der Literaturwissenschaft fällt.
Trotz dieser paar Einwände war es Unterhaltung vom Feinsten und ich kann den lieben Gunkl nur weiterempfehlen.
Seine Homepage ist auch besuchenswert:
http://www.gunkl.at/