Dienstag, 22. September 2009

SPÖ

Liebe Genossen!

Vielleicht starte ich mit einer Anekdote. Vor vielen Jahren prangte auf dem AK Gebäude in Linz ein riesiges Transparent mit der Aufschrift: ARBEIT FÜR ALLE! Super! Darauf muss man erst einmal kommen. ARBEIT FÜR ALLE! Das Wort "Arbeit' lässt sich nun beliebig austauschen, um noch weitere großartige SPÖ Werbeslogans zu generieren: PENSIONEN FÜR ALLE! SOZIALE WÄRME FÜR ALLE! SPITZENGESUNDHEITSVORSORGE FÜR ALLE! oder einfach: GELD FÜR ALLE! Niemand hat die SPÖ Werbestrategie besser auf den Punkt gebracht als Horst Schlämmer: MEHR FÜR ALLE!
Das Tragische an der Sache ist nur, dass es sich dabei nicht nur um eine leere Worthülse handelt, wie Hape Kerkeling so schön zeigt, sondern dass die SPÖ tatsächlich in diesen Bahnen denkt. Der Siegeszug der SPÖ in der Zweiten Republik begründete sich tatsächlich auf ein MEHR FÜR ALLE!, das Kreisky in den 1970er Jahren noch finanzieren konnte. In der momentanen Situation ist aber dringend ein WENIGER FÜR ALLE! notwendig. Wie geht das nun mit dem SPÖ Grundsatz zusammen? Nun, gar nicht, wie man so schön an den letzten Wahlergebnissen sehen kann. Die SPÖ steckt schon seit Jahren in einer tiefen Krise. NICHT DENKEN! WIR SCHENKEN! geht eben nur so lange gut, bis die Geschenke ausbleiben. Dann nämlich werden die Kinder schnell grantig und drohen mit Liebesentzug: Wenn ich nicht kriege, was ich will, dann gehe ich eben woanders hin.
Man darf es in der Öffentlichkeit nicht laut sagen, aber stimmen tut es trotzdem: die SPÖ teilt sich mit der FPÖ die Ungebildeten und die Verlierer, die sich in unserer modernen und zunehmend komplexen Welt nicht zurechtfinden. Man muss sich immer von denen am stärksten abgrenzen, denen man am ähnlichsten ist. Also tritt die SPÖ immer ganz entschieden gegen die FPÖ auf. Ideologisch mag diese Abwehrhaltung ja teilweise gerechtfertigt sein, aber die potentiellen Wähler sind dieselben. Warum? Weil man bei beiden Parteien nicht denken muss. Als SPÖ Wähler muss ich nur wissen: NICHT DENKEN! WIR SCHENKEN!, als FPÖ Wähler: KEIN JOB, KEIN HAUS? AUSLÄNDER RAUS! Der einzige Unterschied ist der, dass der SPÖ Spruch in wirtschaftlichen Blütezeiten, der FPÖ Spruch in Krisenzeiten super zieht. Dazu noch ein Haufen Protestwähler und schon ist die FPÖ wieder auf 30%.
Die SPÖ hat also in der momentanen Situation das Problem, dass sie ein bisschen komplexer als MEHR FÜR ALLE! denken muss. In den heutigen SALZBURGER NACHRICHTEN (22. September 2009, Seite 2) findet sich ein sehr interessantes Interview mit Hannes Androsch, in dem er die Situation der SPÖ analysiert:

"So wichtig die Arbeitsplatzsicherung und die Sicherung des Sozialstaats auch ist: Man muss auch dazusagen, wie man diese Ziele erreichen kann. Es ist sicher richtig, soziale Wärme einzufordern. Aber man muss auch dazusagen: Wo ist der Ofen, und wie wird er geheizt?"

Die SPÖ hat panische Angst davor, ihren letzten Wählern die Wahrheit zu sagen: WENIGER FÜR ALLE! Einschnitte, die richtig weh tun. Eine 2-3-Klassen-Gesellschaft in fast allen Bereichen, besonders aber in der Gesundheitsvorsorge und in der Bildung. Wenn sich der Staat nichts mehr leisten kann, wir eben alles PRIVAT: Privatschulen, Privatkrankenhäuser, Privatvorsorge etc. Wenn man sich im Verwandten- und Bekanntenkreis umhört, ist das schon längst Realität.
Dabei wäre in dieser Krisenzeit mit intelligenter linker Politik sehr viel zu machen. Wenn nämlich die SPÖ nicht gegensteuert, dann driften wir in unserer sozialen Realität Richtung Grossbritannien bzw. USA ab. Aber genau das wird eintreten, wenn die SPÖ weiter so dilletiert. Jetzt, wo der Staat Österreich den Reichen ihr Vermögen gerettet hat, dürfen diese ruhig ein wenig was zurückzahlen. Aber das ist mit Faserschmeichler Faymann nicht zu schaffen. Die SPÖ darf wieder klassenkämpferischer werden, muss dabei aber ihr MEHR FÜR ALLE! Prinzip radikal überdenken. Auch die eigenen Genossen müssen Opfer bringen.

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Sonntag, 13. September 2009

Gerlinde Kaltenbrunner

Liebe Bergsteiger und Innen!

Wer ist Gerlinde Kaltenbrunner? Darauf muss man keine Antwort wissen, denn es ist eigentlich nicht wichtig. Trotzdem erscheint ihr Name ständig in allen Zeitungen dieses Landes. Also muss irgendetwas dran sein an der Gerlinde. Aber was?
Die Biografie auf ihrer Homepage verrät auch nicht viel: Schihauptschule Windischgarsten, Krankenschwester, Profibergsteigerin. Profibergsteigerin! Das ist ja interessant! Es gibt also Menschen, die mit Bergsteigen ihr Geld verdienen. Also nicht als Geologin, Vermesserin oder Bergretterin, sondern einfach nur so. Das wirft die interessante Frage auf, warum ihr jemand Geld dafür geben möchte. Sie listet zum Beispiel die ÖMV oder die VKB.
"Hallo, ich bin die Gerlinde. Von Beruf bin ich Krankenschwester und in meiner Freizeit tu ich auf Berge kraxeln. Wenn Sie mir ganz viel Geld geben, dann muss ich nicht mehr kranke Menschen gesund pflegen, sondern kann die ganze Zeit in den Bergen herumkrebsen. Wäre das nix für Sie?" Da wittert natürlich jeder Bankdirektor eine sichere Geldanlage. "Aber sicher, gnä' Frau. Auf welches Konto dürfen wir denn überweisen?"
Aber die Gerlinde hat durchaus etwas zu bieten: einen dramatischen Wettlauf auf Leben und Tod. Sie will nämlich als erste Frau der Welt alle 14 8000er besteigen und dabei die Südkoreanerin Oh Eun Sun überholen, die ihr immer einen Schritt voraus ist. Genau das haben wir jetzt gebraucht in der Wirtschaftskrise: ein strahlendes Vorbild. Gerlinde sitzt nicht einfach zu Hause herum und bläst Trübsal, sondern macht was aus ihrem Leben. Sie sitzt im Basislager auf dem K2 und friert sich den Arsch ab. So wie's aussieht, wird die Gerlinde den Kürzeren ziehen, denn am K2 ist sie gescheitert und den Mount Everest hat sie auch nur von unten gesehen.
Aber die Gerlinde ist eine Kämpfernaturin. Wenn sie schon nicht die erste Frau sein kann, die auf allen 8000ern war, dann könnte sie doch diejenige Frau sein, die als erste 100 kg Spaghetti durch die Nase isst. Oder alle Wolkenkratzer mit einer Mindesthöhe von 200 Metern ohne Kletterseil besteigt. Oder rund um die Erde schwimmt. Oder als erste Frau in allen Mondkratern den Rosenkranz betet. Hauptsache die Medien sind immer dabei und halten mich auf dem Laufenden.

Samstag, 12. September 2009

Der Wiederaufbau

Liebe Patrioten!

Im Zuge der Pensionsdiskussion und dem sich anbahnenden Konflikt zwischen Jung und Alt fällt immer wieder der Begriff des Wiederaufbaus. In meinen 37 Lebensjahren habe ich die Legende vom Wiederaufbau schon so oft gehört, dass ich - vermutlich wie alle anderen - unreflektiert an die heroische Selbstaufopferung meiner Vorfahren glaube. Für die Jüngeren unter uns muss ich wahrscheinlich zunächst erklären, was der Wiederaufbau eigentlich ist. Hier also die Grundzüge:

Als am Ende des 2. Weltkriegs Österreich in Schutt und Asche lag, geschah ein Wunder in diesem unserem Lande: dem ganzen Volke wurde die Erleuchtung zuteil. Jeder streifte die niederen Beweggründe seiner menschlichen Natur wie einen alten schäbigen Mantel ab und erstahlte im Glanze einer neuen heilsbringenden Zeit. Aus Nazis wurden Demokraten, aus Verbrechern barmherzige Samariter, aus Dachinierern und Owizaran eifrige Gesellen. Diese Lichtgestalten opferten ihr eigenes Glück - oder vielmehr: ihr eigenes Leben! - um Tag und Nacht für ihre Heimat, ihre Kinder, und ihre Kindeskinder zu schuften. Ohne sie wäre Österreich jetzt noch eine apokalyptische Steinwüste, aber dank ihrer unmenschlichen Selbstaufopferung können wir, die undankbaren Gfraster, in Freude und Frieden leben. Amen.

Wenn man zur Abwechslung diese Legende einmal zu hinterfragen beginnt, ergeben sich ein paar interessante Überlegungen:

1) Angenommen die Legende stimmt einfach und unsere Urgroßeltern waren aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Um welche Generation geht es dann eigentlich genau? Die mussten also 1945 zwischen 20 und 40 Jahren gewesen sein, um die Wirtschaft überhaupt entscheidend mitgestalten zu können. Mein Vater ist 1933 geboren, also jetzt 76 Jahre alt und seit 15 Jahren in Pension, und hat die Übergangszeit zum wirtschatlichen Aufschwung miterlebt. Somit müssen unsere Helden noch älter sein und kamen folglich zwischen 1905 und 1925 auf die Welt und sind heute zumindest 85 Jahre alt und schon seit 25 Jahren in Pension. Daraus folgt: Die Pensionisten der letzten 20 Jahre waren schon gar nicht mehr dabei und bereits Nutznießer des Wirtschaftswunders. Diese tun aber ständig so, als hätten sie eigenhändig Österreich wieder aufgebaut.

2) Hatten sie eine andere Wahl? Wenn ich mich richtig erinnere, hat man in Deutschland 1945 auch nicht dreimal so viel verdient und dafür nur halb so viel gearbeitet. Dann wäre es nämlich eine echte Selbstaufopferung gewesen. Junge Ostdeutsche und Polen gehen heutzutage auch ins Ausland, weil zu Hause nichts zu holen ist. Aber damals? Wo wäre man hingegangen? Und was war die Alternative? Nicht aufräumen? Ein Land voller Arbeitsloser?

3) Der Marshallplan: Die Amerikaner schufen mit ihrem unfangreichen Finanzhilfepaket kräftige Anreize, um die Wirtschaft in Österreich wieder anzukurbeln und unser Land profitierte überproportional von diesen Geschenken. Wie war das noch mal mit alles aus eigenem Antrieb?

4) Waren 1945 alle Märtyrer? Mir leuchtet irgendwie nicht ein, dass vor und nach unserer (Ur)Großelterngeneration alle Österreicher normale Durchschnittsmenschen waren und sind, während diese eine Generation plötzlich zu lauter kleinen Superhelden wurde, die den ganzen Tag nur dem Gemeinwohl dienten. Ich sehe es bildlich vor mir: während alle Männer davor und danach von Bier und billigen Flittchen träum(t)en, sagten unsere Urgroßväter: Es ist zwar schon 6 Uhr am Abend und du siehst richtig scharf aus, Baby, aber Österreich liegt mir mehr am Herzen als alles andere. Deshalb werde ich jetzt noch im Alleingang eine zerbombte Kirche mit eigenen Händen wieder aufbauen und die Inneneinrichtung des Waisenhauses zimmern, das ich gestern aus Schutt und Asche hochzog. Tut mir leid, Darling, aber wir schreiben das Jahr 1945: kein Sex, kein Alkohol, und kein Nikotin bis wieder glückliche Kinder über Spielplätze laufen, wo jetzt noch Bombenkrater die Betonwüste durchfurchen. So waren halt unsere Urgroßväter: lauter Supermen.

5) War die Arbeitssituation wirklich so schrecklich? Für kurze Zeit vielleicht. Doch dann konnte jeder alles werden. Überall fehlte es an Fachkräften und wer halbwegs intelligent war, konnte bis in die höchsten Etagen aufsteigen. Ohne Matura eine leitende Stelle war kein Problem.

6) Und wenn doch alles ganz schrecklich war? Dann haben diese armen Patrioten auf die Gesamtzeit ihres Erwerbslebens gerechnet immer noch unglaublich profitiert. Dann waren eben die ersten 10 oder sogar 20 Jahre hart und die nächsten 30 liefen wie geschmiert. Kreisky sei Dank.

Und deshalb lasse ich mir von niemandem einreden, dass der Wiederaufbau einer Selbstaufopferung gleichkam. Die Umstände waren sicherlich anders, aber von der Heiligsprechung einer ganzen Generation sind wir meilenweit entfernt.

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