Mittwoch, 10. September 2008

Mir Baun

Liebe Häuslbauer!

Mein Mann, der ist im Herz nicht gsund, mein Sohn tut Nägeln kaun,
ich selber hab ein Magengschwür, doch es bleibt dabei: Mir baun.

Die Parzelle habn wir günstig kriegt, so billig, du glaubst es kaum.
In dreissg Jahr sind wir schuldenfrei, des is doch geil: Mir baun.

Doch bis das Häuschen fertig ist, da darf man sich nichts leisten
den Rohbau stelln wir selber hin, denn da spart man am meisten.

Mein Mann, der war vom Baun nervös, so nervös, da hat er graucht.
Ein Herzinfarkt und s'Baun dazu, da hat's ihn z'samma gstaucht.

Es ist schlimm, doch wie er gstorbn is, da hab ich nur gekichert,
das Häuschen, das ist schuldenfrei, ich hab den Mann versichert.

Die Jugend red't andauernd vom Vergnügen und der Freid,
was bauch ich ein Vergnügen, i hob doch gar koa Zeit.

So sang Georg Ringsgwandl anno dazumal, aber an den Grundprinzipien des Bauens hat sich sehr wenig geändert. Noch immer ist der Bauprozess von der Planung über die Finanzierung und den Rohbau bis hin zum Einzug und Bewohnen ein Leidensweg sonder gleichen. Das gilt vor allem für Bauvorhaben der öffentlichen Hand. Hier mischen nämlich so viele Institutionen und Stellen mit, dass es fast an ein Wunder grenzt, dass manche dieser kompromissbedingten städtebaulichen Missgeburten auch tatsächlich errichtet werden.

In Salzburg ist der sogenannte Unipark ein Paradebeispiel dafür, was man alles falsch machen kann. Zuerst einmal ist der Projektname irreführend. Die zuständigen Städteplaner haben nämlich dafür gesorgt, dass der Unineubau rundherum komplett zugebaut wird. Nördlich steht bereits ein riesiger Schulkomplex. Westlich halten massenweise Touristenbusse, da man die Tagesgäste möglichst nahe ans Zentrum herankarren will. Das Sportzentrum Mitte, in sich eine völlige Fehlplanung, und drei Wohnhausbauten werden gerade südöstlich des geplanten Grundstücks hochgezogen, damit von der restlichen Grünfläche möglichst wenig übrigbleibt. Da die öffentliche Hand nicht mehr als 54 Millionen Euro ausgeben will, musste die Uni so konzipiert werden, dass der Platz zu knapp wird: zu kleine Büros, zu wenige Hörsäle, zu wenig Parkplätze etc. Das weiß man bereits jetzt und baut trotzdem, weil es sonst vielleicht überhaupt keinen Bau gibt. Den Zuschlag gab man einem Architektenbüro, dessen Plan völlige Transparenz vorsieht. Das klingt dann so im Werbetext:

"Im Sinne geistiger Offenheit sind die Fachbereiche mit Hilfe gläserner Wände weitgehend transparent gehalten. Wenn auch durch spezielle Behandlung der Glasscheiben gegen allzu neugierige Blicke geschützt, soll doch wahrzunehmen sein, was im Hause vor sich geht. Transparenz wird also eingesetzt, um eine anregende Verdichtung der Hochschulatmosphäre zu erzeugen. Die Transparenz hat überdies baurechtlich den Effekt, dass die Erschließungsflächen möbliert werden dürfen. Coffeepoints, Kopierstationen und Konferenzecken werden als Treffpunkte dem Gedankenaustausch dienen und ihrerseits die Kommunikation unter Lehrkräften und Studierenden fördern. Dem Ernst wissenschaftlicher Arbeit wird also eine Facette ermunternder Leichtigkeit hinzugefügt."

Die "spezielle Behandlung der Glasscheiben" wurde erst nach massiven Protesten genehmigt. Jetzt klebt man sündteure Folien auf sündteure Glastüren und -wände, damit man doch nicht alles sieht. Man kann ja besonders gut arbeiten und sich konzentrieren, wenn man sich ständig beobachtet fühlt. Auch für den Wärmeschutz ist es geradezu ideal, wenn alles aus Glas ist.
Eigentlich hätte mit dem Bau schon längst begonnen werden sollen, aber es stellte sich heraus, dass der Rohbau viel teurer kommt als erwartet, obwohl er ganz viel architektonischen Firlefanz vorsieht. Also brach man die Ausschreibung ab und plante nochmals das Gebäude um, damit es billiger wird "ohne an Qualität zu verlieren". Zuvor wollte man also bei gleicher Qualität einfach Geld verschwenden. Wir sind jedenfalls schon alle gespannt, was das werden wird.
Man fragt sich bei dem ganzen Theater, wer eigentlich der Urheber einer solchen Misere ist. Die Architekten wollen gigantomanische Gebäudeskulpturen hinstellen, die jeglicher Bewohnbarkeit trotzen, die Stadtplaner wollen coole Architektur, die Politiker wollen sparen, wo es nur geht, die Jury wählt wahrscheinlich das kleinere Übel aller Projektvorschläge, wobei ein reiner Glasbau ein Riesenproblem ist, und die tatsächlich Betroffenen, die Mitarbeiter der Universität Salzburg, dürfen gar nicht mitreden. Denen wird das fertige Projekt im Bewußtsein aller Schwächen vorgestellt. Man kann dann nur mehr ratlos staunen, dass sich die Republik lieber einen Fehlbau um 54 Millionen leisten will, als eine ordentliche Lösung um 80. Vielleicht ist das auch nur typisch österreichisch.

Labels: