The Dark Knight
Liebe Batfans!
Als Christopher Nolan 2005 mit BATMAN BEGINS das Franchise neu belebte, wollte er bewusst mehr Ernst und Realismus, was nach Joel Schumachers BATMAN FOREVER (1995) und BATMAN & ROBIN (1997) nicht nur leicht, sondern auch dringend nötig war. Ich sage bewusst auch "leicht", weil der wahre Durchbruch mit Tim Burtons BATMAN (1989) gelang. Wenn uns jetzt, 20 Jahre später, vieles lächerlich oder überzogen vorkommen mag, darf man nicht vergessen, dass es Burton war, der die Grundlage für alle Comicverfilmungen der nächsten zwei Jahrzehnte schuf.
Ich bringe Burtons zwei Batman Filme (BATMAN RETURNS folgte 1992) auch deshalb ins Spiel, weil sie sich in ähnlicher Weise zueinander verhalten wie Nolans BATMAN BEGINS und THE DARK KNIGHT (2008). In beiden Fällen war der erste Film ein Riesenerfolg und schrie nach einer Fortsetzung. Das Problem der Superheldengeschichten ist aber generell, dass ihr Kern aus einer faszinierenden tragischen Geschichte besteht, diese aber schnell erzählt ist. Bei SPIDERMAN 3 (2007) wurde einem dieser Umstand schnell schmerzlich bewusst. Wie im griechischen Drama geht es bei allen Comicfortsetzungen also um das Herausarbeiten von Details und Facetten.
Burton und Nolan führten in ihren ersten Teilen in eine völlig neue und faszinierende Welt ein. Beide verwendeten verschiedenste Comicvorlagen um ihren eigenen Batman Mythos zu erschaffen. Mit dem Ende des ersten Films waren aber alle Hauptfiguren, ihre Umwelt und der spezifische Blickwinkel auf den Superhelden etabliert. Wie geht es also weiter? Die Batman Geschichte bietet im Gegensatz zum faden Superman drei Besonderheiten: Der Held ist nur ein Mensch, seine nächtlichen Ausflüge werden durchaus mit Argwohn betrachtet und er ähnelt in erschreckender Weise seinen Gegenspielern. Burton setzte diese Apekte in BATMAN RETURNS konsequent um und Nolan musste zwangsläufig auch diesen Weg einschlagen. Die Demontage von Batman kombiniert mit der wunderbar gespielten kriminellen Energie der Bösewichte irritiert in beiden Fortsetzungen. Der Superheld ist ein verwirrtes Opfer der Umstände, das nur mehr reagiert und, so gut es geht, die Katastrophe eindämmt. Wie schon Penguin und Catwoman in BATMAN RETURNS, spielen in THE DARK KNIGHT Joker und Two-Face Batman locker an die Wand. Kurz gesagt: Was viele als Besonderheiten in THE DARK KNIGHT zu erkennen glauben, ist bereits in Burtons Version zur Gänze vorhanden bzw. in den Comic Büchern, auf denen all diese Filme basieren. Frank Miller bringt die Spiegelung Batmans in seinem Gegenspieler wunderbar in THE DARK KNIGHT RETURNS (1986) auf Seite 55 auf den Punkt. Wie unterscheidet sich THE DARK KNIGHT aber nun wirklich von den Vorlagen?
Der größte Triumph und Fluch des Films ist sein Realismus. Alles Comichafte wurde verbannt und Nolan schafft das scheinbar Unmögliche: einen (allzu) ernsten und brutalen Film über die Grundfesten unserer Gesellschaft und ihr Verhältnis zu Gewalt und staatlicher Ordnung. Die vielen Anspielungen auf 9/11 wirken für mich aufgesetzt, unterstreichen aber ganz deutlich die Absicht des Films, der fast beiläufig im Batman Universum spielt. Der Superheld kommt einem fast verloren vor in der richtigen Welt, wo er nun tatsächlich ein Freak und Außenseiter ist.
Das größte Problem des Films ist, dass man die Absurditäten eines Comics gerne verzeiht, solange es sich um ein Comic handelt. In THE DARK KNIGHT fallen die Ungereimtheiten also umso mehr ins Gewicht und stören erheblich den angestrebten Realismus. Anstatt eine lange Liste zu präsentieren (Batpod, Sonar, love triangle, Lucius Fox als Q etc.) konzentriere ich mich lieber auf den zentralen Widerspruch. Der Joker versinnbildlicht die Anarchie, das völlig ungeplante Dahindriften und erklärt in mehreren Reden sein Grundprinzip. Jeder seiner Taten zeugt jedoch von minutiöser Planung, verbunden mit einem erheblichen finanziellen, personellen und logistischen Aufwand.
Ein weiteres Problem ist das unausgewogene Timing und die verwirrend konstruierte Handlung. 2 1/2 Stunden Hochschaubahn lassen einem sowieso nicht viel Zeit zum Denken und man verlässt völlig erledigt den Kinosaal. Jokers Anarchie sollte ein Thema des Films, nicht aber sein Organisationsprinzip sein. Es gibt viel zu viele Charaktere, Handlungsstränge, plötzliche Wendungen, Episoden, Kämpfe, etc. Die Handlung des Films lässt sich kaum nacherzählen. Der Schlusskampf samt Schauplatz entwickelt sich nicht logisch aus dem Film, sondern taucht, wie so vieles, plötzlich aus dem Nichts auf. Nolan schwindelt sich ununterbrochen mit Tricks über eine ordentliche Kontinuität hinweg, von denen das Sonar nur die absurdeste Ausprägung ist.
Insgesamt lässt sich sagen, dass man den Film unbedingt noch einmal sehen muss, um ihn richtig einordnen zu können. Beim ersten Mal ist er viel zu überwältigend.
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